UHH Newsletter

Mai 2013, Nr. 50

INTERVIEW

/onTEAM/newsletter/images/medi101368182302.jpg
Walter Hähnel im Juli 2012 mit einem Sandbild, das mit Hilfe der „Lackfilmmethode“ gefertigt wurde. Von 1945 bis 1976 war er Präparator an der Univerisät Hamburg. Foto: SHZ/Stormarner Tageblatt


Kontakt:

über die Newsletter-Redaktion

Ein Leben für die Geologie: Präparator a.D. Walter Hähnel feiert seinen 100. Geburtstag

An der Universität Hamburg gibt es nur noch wenige, die ihn persönlich kennen, doch vergessen ist er nicht: Walter Hähnel war von 1945 bis zu seiner Pensionierung 1976 Präparator am Geologischen Institut der Universität. Als Präparator hat er an der Universität die „Lackfilmmethode“ weiterentwickelt, mit Hilfe derer einzelne Sandschichten präpariert werden können. Am 20. Mai wird der umtriebige Präparator 100 Jahre alt.

Sie fingen direkt nach dem Kriegsende 1945 als Präparator an der Universität an. Wie sind Sie dazu gekommen?

Mein Bruder, der im Mineralogischen Institut arbeitete, erzählte mir davon, dass das Geologische Institut einen Präparator sucht. Ich hatte zwar keine Ahnung von Geologie oder davon, was ein Präparator macht, aber ich hab mich beworben; ich brauchte einen Job.

Der Instituts-Chef hat mich genommen; dass ich keine Ahnung von Geologie hatte, hat ihn nicht gestört, immerhin war ich ausgebildeter Chemotechniker.

Das Geologische Staatsinstitut, wie es bis in die 60er hinein hieß, hatte seinen Sitz in der „umgekippten Kommode“ an der Esplanade 1. Kennen Sie das? (Kenne ich nicht.)

Das war Amsincks Sommerhaus. (Amsinck war ab 1802 Bürgermeister der Stadt Hamburg, Anm. der Red.) Das Haus teilten sich die Mineralogen, die Geologen und das Staatshüttenlaboratorium. Das Gebäude wurde in den späten 50ern erst stillgelegt, dann ganz abgerissen. Die Mineralogen und Geologen zogen dann um in Neubauten im Uni-Viertel.

Was genau haben Sie als Präparator gemacht?

Meine Tätigkeiten waren ganz vielseitig. Als Präparator habe ich zum Beispiel Versteinerungen bzw. Fossilien freigelegt mit Hammer und Meißel, aber auch sogenannte Dünnschliffe angefertigt, hauchdünne Scheiben von Gestein, damit sie unter dem Mikroskop untersucht werden können.

Aber ich habe auch die Dias in den Vorträgen der Dozenten gezeigt. Das war quasi ein komplettes Studium für mich. 1968 bis 1980 habe ich auch selbst eine Gruppe von Hobbygeologen an der Volkshochschule geleitet.

Für mich war es der Idealberuf, auch wenn ich wenig verdient habe.

Während Ihrer Zeit an der Universität haben Sie eine Methode zur Präparierung von Sandschichten, die „Lackfilmmethode“, weiterentwickelt. Worum handelt es sich dabei?

Das ist eine Methode, mit der man Sandschichten konservieren kann. Unserem späteren Institutsdirektor war irgendwann ein eingetrockneter Farbkuchen aufgefallen, auf dessen Unterseite alles Mögliche: Blätter, Steine, Sand eingebacken waren. So ist er auf die Idee gekommen, Farbe oder Lacke zu gebrauchen, um Abbilder von Sandschichten zu erhalten.

Ich habe in meiner Zeit als Präparator hunderte davon gemacht. Viele davon hängen immer noch im Ausstellungsraum im Geomatikum. Unter anderem auch ein Sandbild aus der Baugrube des Geomatikums.

Sie haben an der Universität schließlich 31 Jahre lang als Präparator gearbeitet. Nach der Pensionierung 1976 haben Sie sich aber nicht zur Ruhe gesetzt, sondern richtig losgelegt: Wohin haben Ihre Projekte Sie geführt?

1980 wurde ich von einem ehemaligen Studenten des Instituts, der aus Libyen stammte, gefragt, ob ich in Libyen ein Präparierlabor am Geologischen Institut in Bengasi aufbauen würde. Für ein halbes Jahr bin ich nach Bengasi gezogen. Dort haben wir in der Wüste Elefantenzähne und -knochen gefunden, die waren 5 bis 6 Mio. Jahre alt. Wir haben auch versteinerte Bäume präpariert, die waren genauso alt.

1982 sind meine Frau und ich dann mit der GTZ (Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, Anm. d. Red.) für viereinhalb Jahre nach Mexiko gegangen, um ein Geologisches Institut aufzubauen und junge Mexikaner ausgebildet, die froh waren, etwas anderes zu lernen als Landwirtschaft.

Wir haben dort 12.000 Jahre alte Mammuts gefunden und ich habe einen Schädel präpariert.

Ich war auch an der Freilegung des „Monsters von Aramberri“ beteiligt. In einem Steinblock, der mit einem Schlitten zu unserer Werkstatt transportiert wurde, steckten dann Wirbel eines Sauriers. Wie sich später herausstellte eines Pliosauriers. (Eine Gruppe Meeresreptilien, die gleichzeitig mit den Dinosauriern ausgestorben sind, Anm. d. Red.) Jeder der Wirbel maß ca. 23 cm im Durchmesser.

Und irgendwann haben Sie dann mit Thor Heyerdahl die Stufenpyramiden auf Teneriffa erforscht?

Ja, meine Frau und ich sind 1987 nach Teneriffa umgezogen, wo wir 10 Jahre gelebt haben. Dort wurde dann von Stufenbauwerken berichtet, auf die Thor Heyerdahl aufmerksam wurde. Die Einheimischen und vor allem die dortigen Archäologen sagten, dass es sich um einfache Steinhaufen von Bauern handeln würde, aber das glaubte er nicht. Die Stufungen waren wie mit dem Lineal gezeichnet, aber es gab keine rechten Winkel und Treppen gab es nur zum Westen hin. Das alles waren Indizien, dies es doch eher unwahrscheinlich machten, dass einfache Bauern die Urheber waren. Ich habe mit ihm zusammengearbeitet, mit ihm recherchiert und fotografiert.

Und 1997 sind Sie dann zurück nach Deutschland gekommen. Haben Sie sich dann zur Ruhe gesetzt?

Ja, meine Frau und ich sind 1997 nach Lübeck gezogen. Ich habe dann noch geholfen, die Fossiliensammlung des Museums für Natur und Umwelt in Lübeck und eine Schneckensammlung aufzuarbeiten. Ich selbst habe auch eine große Schneckensammlung gehabt.

Solange ich kann und besonders wenn ich damit helfen kann, bringe ich einfach gern mein Wissen ein.

Und womit beschäftigen Sie sich derzeit?

Arbeiten im eigentlichen Sinne tu ich nicht mehr, aber ich bin politisch aktiv, z.B. in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Und ich bin gerade umgezogen, in eine Wohnung, die barrrierefrei ist.

Ich habe gute und schlechte Tage, aber die guten überwiegen.

Haben Sie vielen Dank für das Gespräch.


- - -

Walter Hähnel ist 1913 in Hamburg-Bergedorf geboren. 1929 ging er vom Gymnasium ab und begann eine Lehre als Chemielaborant. 1937 wurde er durch die Gestapo wegen illegaler politischer Aktivitäten verhaftet und musste 11 Monate im Gefängnis verbringen. Während des Krieges gelang es ihm, eine Ausbildung als Chemotechniker zu absolvieren. Von 1945 bis 1976 war er Präparator am Geologisch-Paläontologischen Institut der Universität Hamburg.

Das Interview führte G. Werner.
 
 
Home | Impressum | Datenschutz | Kontakt