UHH Newsletter

April 2010, Nr. 13

VERANSTALTUNGEN

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Auf dem Podium saßen Prof. Dr. Jochem Marotzke, Direktor Max-Planck-Institut für Meteorologie, Prof. Dr. Heinrich Miller, Direktorium Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Prof. Dr. Martin Claußen, Sprecher des Exzellenzclusters CliSAP, Prof. Dr. Martin Visbeck, Sprecher des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“, und Prof. Dr. Hans von Storch, Leiter des Instituts für Küstenforschung des GKSS-Forschungszentrums Geesthacht, Foto: KlimaCampus



Kontakt:

Ute Kreis

KlimaCampus
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t. 040.42838-4523
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„Klimawissenschaft im Kreuzverhör“

Auf Einladung des KlimaCampus der Universität Hamburg diskutierten fünf renommierte Klimawissenschaftler am 25. März 2010 über die Vertrauenskrise, die die Klimaforschung nach Bekanntwerden von Ungereimtheiten im vierten IPCC-Bericht erlitten hat. Vor rund 350 interessierten Zuhörer/innen erörterten Prof. Dr. Jochem Marotzke, Prof. Dr. Heinrich Miller, Prof. Dr. Martin Claußen, Prof. Dr. Martin Visbeck und Prof. Dr. Hans von Storch das sogenannte „Climategate“ und das Verhältnis von Wissenschaft und Politik.
Der „Gletscherfehler“

Der „Gletscherfehler“ bezieht sich auf die im vierten Sachstandbericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) enthaltene falsche Annahme, dass die Himalaja-Gletscher anstatt korrekterweise 2350 bereits 2035 abgeschmolzen seien. Um solche Fehlinterpretationen schneller nachweisen zu können, sollten die Ursprungsdaten stets archiviert werden, meinten Prof. Miller vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven und Prof. Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie.

„Die mediale Diskussion, wie sie momentan geführt wird, halte ich für unangemessen“, so Prof. Claußen, Sprecher des Hamburger Exzellenzclusters CliSAP, „mehr Transparenz zur Klimaforschung wäre aber tatsächlich sinnvoll. Unsere Glaubwürdigkeit hat in den vergangenen Monaten gelitten.“

Zusammenspiel von Wissenschaft und Politik

Prof. Dr. Hans von Storch, Leiter des Instituts für Küstenforschung am GKSS-Forschungszentrum Geesthacht, bezog dagegen deutlich Stellung: „Pachauri (Vorsitzender des IPCC, Anm. d. Red.) sollte die Konsequenzen ziehen und zurücktreten.“ Außerdem beklagte von Storch, dass bei der Arbeit des IPCC zu stark Wissenschaft und Politik vermischt würden. Habe die Wissenschaft auf einige Fragen zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine Antwort, müsse sie dies ehrlich eingestehen.

„Meiner Meinung nach üben Regierungen einen viel zu starken Druck auf den IPCC aus“, kritisierte Prof. Visbeck vom IFM Geomar in Kiel. Alle fünf Jahre müsse der IPCC einen Sachstandsbericht veröffentlichen, was für die beteiligten 3.000 Wissenschaftler/innen effektiv drei Jahre bedeute, um bereits publiziertes Material zu sammeln und zu prüfen. Prof. Claußen ergänzte, dass die Formulierungen darüber hinaus genauestens mit der Politik abgestimmt werden müssten.

Problem: „Graue Literatur“


Die Problematik der „grauen Literatur“ – Aufsätze, die nicht zweifach begutachtet worden sind –, aber im zweiten Band des IPCC-Berichtes benutzt wurden, ließ sich auf dem Podium nicht lösen. So gibt es das Peer-Review-System auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften, die Beiträger zum IPCC-Bericht sind. Allerdings stammen wichtige Daten in diesem Bereich auch aus externen Quellen (z.B. Bundesbank, Wirtschaftsdaten etc.), für die diese wissenschaftlichen Standards nicht gelten.

„Fragen, z.B. nach potenziellen Kosten durch Handlungsoptionen gegen den Klimawandel, können aber mit naturwissenschaftlichen Methoden allein nicht beantwortet werden“, warf Prof. Dr. Anita Engels, Center for Global Governance der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, aus dem Publikum ein.

Zum Schluss der Veranstaltung waren sich jedoch alle auf dem Podium einig, dass sich „an der Grundaussage, dass wir einen vom Menschen gemachten Klimawandel haben, der sich in den kommenden Jahrzehnten verstärken wird, nichts ändert“. Dennoch müssten Ungereimtheiten und etwaige Versäumnisse offen diskutiert werden, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.
A. Dose
 
 
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