UHH Newsletter

April 2013, Nr. 49

FORSCHUNG

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Die Termitenart Psammotermes allocerus werden 3 bis 7 Millimeter groß. Foto: UHH/Jürgens Solche von Sand­ter­mi­ten gebildeten Gräser fanden sich im Marienfluss Tal in Namibia. Foto: UHH/Jürgens Im ersten Jahr ist die Form länglich oder zackig. Erst wenn die Termitenpopulation sich erfolgreich etablieren, wird daraus eine runde Sache. Foto: UHH/Jürgens Solche von Sand­ter­mi­ten gebildeten Gräser fanden sich im Marienfluss Tal in Namibia. Foto: UHH/Jürgens
Die Feenkreise erreichen nicht selten einen Durchmesser von 20 Metern. Foto: UHH/Jürgens



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Prof. Dr. Norbert Jürgens
Universität Hamburg
Professor für Biodiversität, Evolution und Ökologie der Pflanzen

e. norbert.juergens-at-uni-hamburg.de

Verursacher der Feenkreise entdeckt: Sandtermiten schaffen in Afrika natürliche Wasserspeicher für ihr Ökosystem

Im südlichen Afrika, etwa in Namibia und Angola, erinnern Graslandschaften nicht selten an einen Schweizer Käse, denn mitten in den grünen Flächen finden sich in regelmäßigen Abständen kahle, unterschiedlich große, aber immer kreisförmige Flecken. Bisher war wissenschaftlich nicht geklärt, wie diese sogenannten Feenkreise entstehen. Doch wie Prof. Dr. Norbert Jürgens, Professor für Biodiversität, Evolution und Ökologie der Pflanzen an der Universität Hamburg, in einem aktuellen Beitrag für das Magazin „Science“ (Ausgabe vom 29. März) berichtet, sind die Verursacher nun gefunden: Die Termiten der Gattung Psammotermes, die sogenannten Sandtermiten.
„In einem 2000 Kilometer langen Untersuchungsgebiet vom mittleren Angola bis ins nördliche Südafrika – wo man einen Feenkreis findet, findet man auch Sandtermiten“, erklärt Professor Jürgens. Bei ihren Bodenuntersuchungen stellten die Forscherinnen und Forscher fest, dass auf der kahlen Fläche selbst und auch im angrenzenden Boden kein anderer Organismus so vorhersagbar vorkommt. Die Sandtermiten sind auch die einzigen Lebewesen, die schon im Anfangsstadium der Feenkreise vor Ort sind, wodurch sie als Urheber in Frage kommen.

Feenkreise sind natürliche Wasserspeicher

„In den frischen Feenkreisen fressen die Sandtermiten an den Graswurzeln“, spezifiziert Jürgens die Rolle der Insekten. Je mehr Tiere aktiv seien, desto weniger Gras wachse. Doch die rund 3 bis 7 Millimeter großen Termiten, die in sogenannten Staaten leben und ihre Behausungen unterirdisch anlegen, zerstören nicht etwa ihren Lebensraum. Wie das Team um Prof. Jürgens herausgefunden hat, haben die kahlen Flecken einen großen Nutzen für das umgebende Ökosystem: In den trocken afrikanischen Steppenregionen dienen sie als natürlicher und langlebiger Wasserspeicher.

Außerhalb der Feenkreise werden die seltenen, aber kräftigen Regenschauer vom keimenden Gras sofort zum Wachstum genutzt. Ist das Wasser allerdings aufgebraucht, verdorrt das Gras und auch die folgenden Glieder der Nahrungskette hungern. Doch an den kahlen Stellen, wo die Termiten die Gräser beseitigt haben, sickert das Wasser direkt in den Boden ein und wird im sandigen Untergrund gespeichert, ohne zu Verdunsten.

Ökosystem à la Termiten

Aus einem kurzlebigen Ökosystem wird so ein langfristiges, denn mit dem gespeicherten Wasser können nicht nur die im Boden lebenden Termiten während der Trockenphase fortbestehen, sondern auch die Pflanzen am Rand des Feenkreises werden versorgt. Weil es auf diesem Weg permanent Wasser und Futter – bestehend aus Biomasse und Termiten – gibt, können auch andere Tiere in dieser „Oase“ überleben.

„Die Feenkreise sind ein Meisterstück der Gestaltung von Ökosystemen durch Tiere. Die Sandtermiten könnten sogar den Biber vom ersten Platz der Ökosystem-Ingenieure verdrängen“, erklärt Prof. Jürgens. Die Forschungsergebnisse sind aber nicht nur für Tierfreunde interessant, sondern könnten auch für den nachhaltigen Umgang der Menschen mit ihren knappen Ressourcen von wichtiger Bedeutung sein. „Die kleinen Sandtermiten zeigen uns, wie der wenige Regen am Rand der Wüste nachhaltig genutzt und verwaltet werden kann, indem sie bestimmte Areale, also die Feenkreise, vom Verbrauch des gesamten Niederschlags ausnehmen “, so Jürgens. Das dadurch entstehende, langlebige Ökosystem zeichne sich durch eine deutlich höhere Biodiversität aus, die offensichtlich über Jahrzehnte und Jahrhunderte bestehe.

Weiter Entzauberungen geplant


Um die Leistungen der Sandtermiten noch besser zu verstehen und für die Menschheit nutzbar zu machen, wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Zukunft durch Experimente und genetische Untersuchungen die Rolle der Insekten noch besser erforschen. Zudem soll der Einfluss anderer Tiere und Mikroorganismen betrachtet sowie die chemische Zusammensetzung des Erdbodens und die Gaszusammensetzung in den Bodenporen untersucht werden.
Red.
 
 
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