UHH Newsletter

Juli 2016, Nr. 87

CAMPUS



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Sonja Nielbock
Stabsstelle Konfliktberatung

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Referent Dr. Christian Hochmuth von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder beim zweiten Vortrag der Reihe „Führung wirkt“. Foto: UHH/Werner

Referent Dr. Christian Hochmuth von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder beim zweiten Vortrag der Reihe „Führung wirkt“. Foto: UHH/Werner

Konfliktumfeld Hochschule: Zweiter Vortrag der Reihe „Führung wirkt“

Ist der Konflikt ein zentrales kulturelles Merkmal von Hochschulen? Ab wann ist ein Konflikt nicht mehr konstruktiv? Wo sind strukturelle Konfliktlinien in Hochschulen zu erkennen? Am 6. Juli lieferte Dr. Christian Hochmuth von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder auf Einladung der Stabsstelle Konfliktberatung eine „Analyse des Konfliktumfeldes Hochschule“. Wir lernen: Oft treten Konflikte auf der Beziehungsebene zum Vorschein, obwohl es eigentlich um die Sache geht. Und: Es hilft, das Gemeinwohl der Organisation im Auge zu behalten.

Hochschulen sind besondere Arbeitsorganisationen – aber was genau unterscheidet sie eigentlich von Unternehmen? Dr. Hochmuth nannte mehrere wichtige Unterscheidungsmerkmale:

Zunächst handelt es sich bei Hochschulen um Expertenorganisationen, d.h. die große Mehrheit ihrer Mitglieder ist hochqualifiziert und arbeitet sehr autonom. Dann ist für eine Hochschule ihre dezentrale Verfasstheit kennzeichnend, die zu einer nur losere Verbundenheit der verschiedenen Organisationseinheiten führt, wobei sich zentrale und dezentrale Einheiten in einem immer wieder wechselnden Kräfteverhältnis gegenüber stehen können.

Eine weitere Besonderheit stellt die Selbstverwaltung der Hochschulen dar, denn diese führt oftmals zu umfassenden Entscheidungsprozessen. Dann treffen in der Hochschule Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft auf Vertreterinnen und Vertreter der klassischen Verwaltung – oftmals prallen hier verschiedene Arbeitskulturen aufeinander.

Für Hochschulen besonders ist auch die grundgesetzlich verankerte Freiheit von Forschung und Lehre. Und schließlich ist auch das Prinzip der Führung auf Zeit für Hochschulen spezifisch, was u.a. mit vorübergehenden Funktionen in der Selbstverwaltung zu tun hat. Rund um diese Besonderheiten entstünden die für Hochschulen typischen Konfliktlinien. Wie diese konstruktiv bewältigt werden könnten, darüber klärte Hochmuth in seinem Vortrag auf.

Konflikte stiften Identität

Konflikte an sich, so stellte der Referent fest, und verwies dabei auf Simmel, Dahrendorf und Habermas, sind identitätsstiftend und können durchaus auf wichtige Themen und Entwicklungspotenziale weisen – so lange sie nicht ins Destruktive kippen.

Man könnte sogar sagen, dass Kritik als Ausdruck wissenschaftlicher Argumentation zur Sozialisation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gehört, auch dass diese – in einigen Fächern mehr, in anderen weniger – stärker an Einzelergebnissen orientiert sind, die als klare Positionen vertreten werden. Entscheidend ist aber, dass diese Haltung nicht auf die Beziehungsebene abfärbt, damit ein wertschätzender, respektvoller Umgang nach wie vor möglich ist.

Mit Konflikten umgehen

Wie also lassen sich Konflikte in einer Organisation konstruktiv bewältigen?

  • indem Verständnis entwickelt wird für die Interessen der verschiedenen Statusgruppen
  • indem zugrunde liegende Interessenskonflikte erkannt werden und versucht wird, einen Ausgleich zu schaffen
  • indem Klarheit über Entscheidungswege geschaffen wird (ob beispielsweise Gespräche rein konsultativen Charakter haben oder es sich um einen partizipativen Entscheidungsprozess handelt)
  • indem man für Konflikte sensibilisiert, Räume schafft zum Austausch und Wahrnehmungsabgleich
  • indem eine (konstruktive) Streit- und Fehlerkultur auch gefördert wird

Auch wenn manchen Konfliktlagen arbeitsrechtlich begegnet werden könnte, stellen diese Maßnahmen doch meist keine wirkliche Klärung oder Lösung dar – vielmehr solle es das Ziel sein, so Hochmuth, dass alle Beteiligten gesichtswahrend aus dem Konflikt heraustreten. Daher sei es vor allem sinnvoll, kooperatives Verhalten zu fördern.

Kooperation ist gut, aber unter welchen Bedingungen?

Die Förderung von kooperativem Verhalten sollte jedoch nicht auf Anordnung erfolgen, denn Bedingung für kooperatives Arbeiten ist die Freiwilligkeit. Bei kooperativem Arbeiten sollten Autoritäten, zumindest auf Hierarchie beruhende, keine Rolle spielen. Je höher die Autonomie der Beteiligten, desto besser funktionieren Kooperationen außerdem. So lassen sich durch kooperatives Arbeiten eine höhere Zufriedenheit und gegenseitige Wertschätzung erreichen.

Wenn ein Konflikt doch ins Destruktive kippt

Hochmuth betonte, dass einmal ins Destruktive gekippte Kooperationen oft nicht mehr aus eigener Kraft den Weg zurück zum konstruktiven Arbeiten finden könnten. Unumgänglich wird dann eine Intervention von außen.

Deshalb sei es notwendig, auch an Hochschulen Anlaufstellen zur Lösung von Konflikten zu schaffen, wie es die Universität Hamburg mit der Schaffung der Stabsstelle Konfliktberatung getan hat, die dazu auf ein etabliertes Netzwerk von Konfliktberaterinnen und -beratern zurückgreifen kann.

Das Gesamtziel im Auge behalten

Grundlegendes Ziel sollte es laut Hochmuth sein, Aufmerksamkeit zu schaffen für das Gesamtinteresse der Hochschule, denn Organisationen laufen stets auch Gefahr, in Partikularinteressen zu zerfallen. Dies ließe sich beispielweise erreichen durch das Erarbeiten gemeinsamer Leitlinien oder Zukunftskonzepte. Wichtig dabei sei aber, dass „Mythenproduktion“ und gelebte Arbeitsorganisation am Ende deckungsgleich seien.

Kommende Veranstaltung aus der Reihe „Führung wirkt“

23. November 2016
Zusammenarbeit fördern. Teamentwicklung & Konfliktprävention
Referent: Prof. Dr. Claus Nowak

Vertiefende Informationen zum Thema „Konfliktumfeld Hochschule“:
www.ikm.europa-uni.de/de/publikationen/HSW3-2014_Hochmuth.pdf

G. Werner/Red.
 

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