UHH Newsletter

Juli 2016, Nr. 87

FORSCHUNG



Kontakt:

Jun.-Prof. Dr. Mirjam Perner
Molekularbiologie mikrobieller Konsortien, Mikrobiologie und Biotechnologie
Biozentrum Klein Flottbek

t. 040.42816-444
e. mirjam.perner"AT"uni-hamburg.de

Mikroskopaufnahme eines Bakteriums. Foto: UHH/Perner

Mikroskopaufnahme eines Bakteriums. Foto: UHH/Perner

Hamburger Forscherteam liefert Nachweis für These, dass alle Bakterien potentiell überall vorkommen

Ozeane sind vielfältige Lebensräume, die je nach Tiefe, Wassertemperatur und Strömung sehr unterschiedliche Bedingungen für Bakterien bieten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um die Mikrobiologin Jun.-Prof. Dr. Mirjam Perner vom Biozentrum Klein Flottbek und Dr. Giorgio Gonnella vom Zentrum für Bioinformatik der Universität Hamburg haben durch eine Untersuchung von mehr als 62 Millionen Gensequenzen nachgewiesen, dass Bakterien, die bisher nur an sehr spezifischen Orten im Meer vermutet wurden, tatsächlich auch in anderen Bereichen vorkommen, obwohl sie an die dortigen Umweltbedingungen nicht angepasst sind.

Die Erkenntnisse der Hamburger Gruppe, die in der aktuellen Ausgabe von „Nature Microbiology“ veröffentlicht wurden, stützen eine in der Mikrobiologie intensiv diskutierte Hypothese des niederländischen Biologen Baas Becking von 1934 zur Verbreitung von Mikroorganismen: „Alles ist überall, aber die Umwelt selektiert.“

Becking ging davon aus, dass alle Arten von Mikroorganismen, etwa Bakterien und Algen, weltweit verbreitet sind, aber in unterschiedlicher Häufigkeit vorkommen. Abhängig von den Gegebenheiten des Lebensraums kommen Arten mit bestimmten Eigenschaften zwar in größerer Zahl vor, aber die anderen Arten sind dennoch vorhanden, wenn auch schwer bis gar nicht nachweisbar.

Mehr als 62 Millionen Gensequenzen untersucht

Die Forscherinnen und Forscher untersuchten in einem interdisziplinären Team aus den Bereichen Mikrobiologie, Bioinformatik, Geowissenschaften und Ozeanographie systematisch die Ozeane nach Bakterien, die bislang nur an hydrothermalen Tiefseequellen, sogenannten „Schwarzen Rauchern“, identifiziert worden waren.

Dort tritt bis zu 400 Grad heißes, stark mineralhaltiges Wasser aus dem Boden aus und gibt die gelösten Stoffe in das kältere Umgebungswasser ab. Viele dieser Stoffe können von den Bakterien als Energiequelle genutzt werden, weswegen in diesen Lebensräumen – im Gegensatz zur größtenteils dünn besiedelten Tiefsee – oft das Leben floriert. Bisher ging man davon aus, dass die an die extremen Bedingungen angepassten Bakterien in anderen Habitaten im Ozean nicht zu finden sind.

Nach Vergleichen von 62 Millionen Gensequenzen – eine Sequenz repräsentiert jeweils ein Bakterium – konnten die Forscherinnen und Forscher erstmals nachweisen, dass viele dieser Bakterien auch weit entfernt von hydrothermalen Quellen zu finden sind, allerdings in sehr geringer Konzentration. Wenn dieses Phänomen auch auf andere spezialisierte Habitate des Ozeans zu übertragen ist, hätte demnach jeder Lebensraum im Ozean theoretisch das Potenzial, unterschiedliche und an verschiedene Umweltbedingungen angepasste mikrobielle Gemeinschaften hervorzubringen.

Forschung zur Besiedlung geografisch isolierter Bereiche durch Bakterien

„Wir gehen davon aus, dass die ‚hydrothermal-spezifischen‘ Bakterien bisher wohl deshalb nicht in anderen Bereichen entdeckt wurden, weil die Menge an Sequenzdaten nicht ausreichend war“, erklärt Jun-Prof. Dr. Mirjam Perner vom Biozentrum Klein Flottbek.

Die nun veröffentlichte Studie zeige, dass eine ausführliche Untersuchung der marinen mikrobiellen Gemeinschaften eine viel tiefere Analyse als bisher angenommen erfordere, wobei die Sequenzen von Millionen Mikroorganismen betrachtet werden müssten.

Die Forschung zur Verbreitung von Mikroorganismen ist zum Beispiel für die Fragestellung relevant, auf welchen Wegen die Besiedelung von im Ozean geografisch isolierten Bereichen möglich ist.

Link zum Artikel: www.nature.com/articles/nmicrobiol201686

PM/Red.
 

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