Orientierungsrahmen zum Umgang mit generativen KI-Systemen in Studium und Lehre
Stand: 24.11.2025
[letzte Version vom 26.01.2024]
Zweck und Überblick
Mit diesem Dokument wird für die Universität ein Orientierungsrahmen zur Nutzung generativer Künstlicher Intelligenz (gKI) in Lehre und Studium abgesteckt. Er zeigt Möglichkeiten auf, wie man gKI in Studium und Lehre unter der Leitidee „Bildung durch Wissenschaft“ einsetzen kann. Der Formulierung dieses Rahmens liegt die Annahme zugrunde, dass sich das Feld der gKI weiter dynamisch entwickeln wird. Deshalb wird dieser regelmäßig (jährlich) vom Beratungskreis Digitalisierung in der Lehre für das Präsidium der UHH geprüft und aktualisiert.
Der Orientierungsrahmen der UHH zum Umgang mit gKI richtet sich an Fakultäten, Fachbereiche und Fächer. Diese können und sollen innerhalb des abgesteckten Rahmens eigene konkretisierte Lehr-, Lern- und Prüfungsempfehlungen geben und Regelungsnotwendigkeiten benennen. Ihnen obliegt auch die Aufgabe, diese Empfehlungen in geeigneter Form an die Studierenden zu kommunizieren. Eine Übersicht über die Empfehlungen der Fakultäten finden Sie auf dieser Seite.
Einleitend wird für den Kontext des Orientierungsrahmens der Begriff „generative KI“ definiert. Die nachfolgenden Abschnitte erörtern didaktische Grundsätze für die Nutzung von gKI in Studium und Lehre an der UHH auf einer überfachlichen Ebene. Ergänzt wird der Rahmen mit ausführlichen Anlagen mit Hinweisen zum Prüfungs-, Urheber- und Datenschutzrecht im Kontext der Nutzung von gKI.
Bestimmung „Generative KI“
Für den Kontext dieses Orientierungsrahmens verstehen wir generative KI-Systeme (gKI-Systeme) als digitale Systeme, deren Technologien auf maschinellem Lernen beruhen. Sie erzeugen ausgehend von bestehenden sehr großen Datensätzen „Output“ in verschiedenen Medienformaten (z. B. Texte, Bilder, Audio- oder Videodateien) oder bearbeiten von Nutzer:innen eingegebene Daten weiter. gKI-Systeme werden durch Anfragen bzw. Aufträge von Nutzer:innen – sogenannte Prompts – gesteuert. Als Reaktion auf Prompts werden dann z. B. von textgenerierenden KI-Systemen Texte auf der Grundlage von statistischen Informationen über Sprache (Abfolgemuster, Kompositionsstrukturen) erzeugt. Das Herzstück textgenerierender KI-Systeme sind Large Language Models (LLMs). LLMs (im Folgenden „Sprachmodelle“) beruhen auf künstlichen neuronalen Netzen, einem komplexen Verfahren maschinellen Lernens. Mit diesen künstlichen neuronalen Netzen werden aus riesigen Trainingsdatensätzen Sprachmodelle entwickelt, die menschliches Sprachverhalten imitieren und verschiedene Textoperationen vornehmen können (Antworten, Fortführen, Zusammenfassen, Übersetzen, Umwandeln etc.). Ein prominentes Beispiel für KI-Textgeneratoren ist ChatGPT – ein auf menschliche Konversation optimiertes Sprachmodell.
Der von gKI-Systemen erzeugte Output ist aufgrund der systemimmanenten Eigenschaften von Sprachmodellen nicht 1:1 reproduzierbar. Ein neuer, gleichartiger Prompt erzeugt lediglich eine gleichartige, aber nicht die gleiche Antwort.
Bei neueren gKI-Systemen können sprachmodellbasierte Generierung und klassisches Retrieval (vgl. klassische Suchmaschinen) verknüpft werden. Beim Output dieser Retrieval-Augmented Generation (RAG) greift die gKI sowohl auf die Informationen des Sprachmodells als auch auf die aktuellen Suchergebnisse zurück.
Grundsätzliche Überlegungen zum didaktischen Einsatz von gKI-Systemen
gKI ist kein flüchtiges Phänomen, und sie ist eine Technologie mit mannigfaltigen Auswirkungen auf alle Gesellschaftsbereiche. Sie wird Gesellschaft und gesellschaftliche Entwicklung zukünftig maßgeblich mitprägen. Daher muss es das Anliegen von Universitäten sein, die Entwicklung und Nutzung von gKI nicht nur in der Forschung, sondern auch in Studium und Lehre aktiv mitzugestalten. Vor dem Hintergrund der Twin Transformation sind hier auch Aspekte der Nachhaltigkeit, z.B. Ressourcenverbrauch durch gKI[1] zu berücksichtigen. Die Universität Hamburg sieht sich daher vor die Aufgabe gestellt,
- sich mit gKI kontinuierlich sowohl überfachlich als auch fachspezifisch in Studium und Lehre auseinanderzusetzen und an Entwicklungen in diesem Bereich mit eigenen Zielen mitzuwirken;
- gKI inhaltlich und methodisch in die Lehre zu integrieren, um Kompetenzen für den kritischen und verantwortungsvollen Umgang mit gKI aufzubauen;
- Lehrende und Studierende bestmöglich dabei zu unterstützen, gKI-Systeme nach den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis anzuwenden und – soweit das möglich ist – verantwortungsvoll zu gestalten;
- Aspekte von Nachhaltigkeit und Ressourcenverbrauch von gKI zu thematisieren und einen bewussten Einsatz von gKI zu fördern.
In Studium und Lehre
sollte die Verwendung von gKI daher in Überstimmung mit den Zielen und Inhalten eines Studiengangs in Lehr-Lern-Settings aktiv erprobt und eingeübt werden;
- sollte die Verwendung von gKI auf das jeweilige Kompetenzniveau der Studierenden und die Studienphase abgestimmt sein;
- sollte mit Studierenden stets reflektiert werden, wie sie gKI im Rahmen des Studiums nutzen und die Vorzüge und Potenziale ebenso thematisiert werden, wie die Risiken, auch wenn nicht explizit gKI in der Lehrveranstaltung verwendet wird;
- sollten Art und Umfang der Nutzung von gKI in Veranstaltungsbeschreibungen transparent gemacht werden.
Werden gKI-Systeme in Studium und Lehre eingesetzt,
- sind Konsequenzen für die Kompetenzentwicklung der Studierenden (z. B. im wissenschaftlichen Schreiben oder kritischen Denken) stets zu reflektieren und gKI so zu nutzen, dass diese Kompetenzentwicklung gefördert und nicht etwa behindert wird;
- sind geeignete didaktische Wege zu entwickeln, die verhindern, dass durch den Einsatz von gKI-Systemen als wertvoll oder wichtig erachtete und/oder in den Qualifikationszielen definierte Kompetenzen verloren gehen oder gar nicht erst aufgebaut werden (Deskilling);
- ist konsequent darauf zu achten, dass die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis auch für den Einsatz von gKI-Systemen gelten und entsprechend angemessene Wege gefunden werden, deren Einsatz zu dokumentieren. (Siehe dazu auch die fakultätsspezifischen Ausführungen, die hier im Lehre-Navi zu finden sind);
- sollen in geeigneter Weise ethische Probleme thematisiert werden wie etwa das Urheberrecht in Bezug auf die Trainingsdaten und die Reproduktion von Stereotypen in Sprachmodellen oder die lokale und globale Nutzungsgerechtigkeit bei deren Einsatz.
Im Folgenden werden Optionen zum produktiven Einsatz von gKI in Lehre und Studium auf einer allgemeinen (überfachlichen) Ebene formuliert.
[1] Eine Darstellung der CO2-Produktion von UHHGPT (Schätzwert) finden Sie hier.
Optionen für den didaktischen Einsatz
Der reflektierte und didaktisch motivierte Umgang mit gKI-Systemen ist integrativer Bestandteil einer zukunftsorientierten Hochschullehre, die Studierende bestmöglich auf künftige Aufgaben in Gesellschaft, Beruf und Forschung vorbereitet. Die breite Verfügbarkeit von gKI-Systemen macht es notwendig, Studium und Lehre inklusive der dazugehörigen Prüfungsarten und -formate weiterzuentwickeln. Dies wird disziplin- und fachspezifisch unterschiedlich geschehen. Die folgenden Optionen stecken einen breiten überfachlichen Rahmen ab, innerhalb dessen Fakultäten, Fachbereiche, Studienprogramme und einzelne Lehrende eigene Leitlinien oder Vorgaben ausgestalten und spezifizieren können. Diese Optionen sollen Impulse geben für die Bestimmung fakultäts- und fachspezifischer Empfehlungen.
In Studium und Lehre sind Bedingungen zu schaffen, die eine eigenverantwortliche und reflektierte sowie den rechtlichen Vorgaben genügende Nutzung von gKI-Systemen unterstützen. Den Lehrenden kommt in diesem Prozess eine besondere didaktische und moralische Verantwortung zu. Für Lehrende – einschließlich ihrer Rolle als Forschende – und Studierende ist es wichtig, dass sie
- einen reflektierten und verantwortungsvollen Umgang mit gKI pflegen sowie deren Grenzen und Fehlerquellen kennen und berücksichtigen,
- KI-generierte Inhalte stets auf ihre Richtigkeit hin kontrollieren, etwa durch Prüfung ihrer Plausibilität oder die Nutzung anderer zusätzlicher Quellen,
- gKI ausschließlich unter Einhaltung der gesetzlichen Regeln und weiterer rechtlicher Vorgaben etwa in Prüfungs- oder Studienordnungen sowie im Daten- und Urheberrechtsschutz in Studium, Lehre und Forschung nutzen,
- die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis auch beim Einsatz von gKI-Systemen reflektieren und einhalten,
- bei intensiver und regelhafter Anwendung von gKI die erzielten Vorzüge mit Risiken von Kompetenz- und Kontrollverlusten abwägen,
- über die sozialen Randbedingungen und Folgen des Einsatzes von gKI reflektieren,
- sich über die Entwicklung von gKI auf dem Laufenden halten und Angebote der Fakultäten (z.B. DL-Büros der Fakultäten) sowie zentraler Einrichtungen (z. B. Hamburger Zentrum für Universitäres Lehren und Lernen inklusive Schreibzentrum sowie den Lehre-Navi und den KI-Guide der UHH für Studierende (Study smart – with AI) zur Qualifizierung nutzen.
Um ihre Verantwortung wahrzunehmen, können Lehrende unter anderem:
- gKI selbst erproben, um deren Einsatzmöglichkeiten kennenzulernen und Ideen zu entwickeln, wie sich diese Systeme in der eigenen Lehre sinnvoll und rechtssicher verwenden lassen,
- Einsatzszenarien für gKI auf Basis ihrer Lehrziele und -inhalte kreieren, erproben und mit Studierenden und Kolleg:innen besprechen,
- Studierenden den reflektierten Umgang mit gKI als Unterstützungsmöglichkeit für die Bewältigung verschiedener Aufgaben erläutern und in einem begründeten Rahmen ermöglichen,
- Studierende in die Nutzung von gKI bei fachspezifischen Forschungsprozessen einführen und für damit verbundene Handlungsmöglichkeiten und -begrenzungen sensibilisieren,
- gKI entlang der jeweiligen Fachdisziplin zum Analyse- und Forschungsgegenstand machen,
- gKI als Unterstützung für die Erstellung von Lehrmaterialien, Aufgaben und Prüfungen ausprobieren, auf deren Tauglichkeit kritisch überprüfen und mit Kolleg:innen austauschen.
Studierende können gKI unter anderem
- zur Initiierung und Verbesserung von Schreibprozessen verwenden, z. B. indem sie sich Ideen für Themen generieren, Hilfestellungen beim sprachlichen Ausdruck geben oder Textpassagen übersetzen lassen,
- zur Individualisierung und Strukturierung von Lerninhalten nutzen, z. B. indem sie sich verfügbare Inhalte gemäß den eigenen Bedürfnissen zusammenstellen oder anreichern oder sich individuelle Lernpläne erstellen lassen,
- als unterstützenden Interaktionspartner in der Bearbeitung von Aufgaben nutzen, die Kreativität erfordern, um z. B. eigene Ideen anzureichern, Fragestellungen zu diskutieren oder Gegenargumente zu finden,
- zur Überprüfung und Verbesserung selbst erbrachter Leistungen verwenden, z. B. indem sie einen Programmcode prüfen lassen.
Dabei sollten Studierende ihre Entscheidungen, gKI im Studium einzusetzen, abwägend treffen und mit ins Kalkül ziehen, dass durch gKI ermöglichte "Abkürzungen" mit verschiedenen Risiken für den eigenen Bildungsprozess verbunden sind. Der KI-Guide für Studierende der UHH (Study smart – with AI) bietet Studierenden Orientierung bei der Entwicklung eines reflektierten Umgangs mit gKI.
Die Initiative einzelner Lehrender zur Nutzung von gKI in Lehrveranstaltungen reicht jedoch nicht aus. Vielmehr ist es notwendig, die KI-Entwicklungen auch curricular bzw. inhaltlich auf der Studiengangebene aufzugreifen. Dabei ist zu prüfen, welche veränderten Kompetenzanforderungen in der Berufswelt, auf die hin ausgebildet wird, in der Gesellschaft insgesamt wie auch auf dem Gebiet der Forschung sichtbar werden und was das für die Persönlichkeitsbildung bedeutet. Es kann davon ausgegangen werden, dass mindestens folgende fachspezifisch auszugestaltende Kompetenzen wichtig sind und bleiben:
- digitale und Daten-Kompetenzen,
- Sprach- und Textkompetenzen,
- Beurteilungs-, Bewertungs- und Reflexionskompetenzen,
- Methodenkompetenzen und Kompetenz zum ethischen Handeln.
Die Studiengangverantwortlichen sollen deshalb regelmäßig die Aktualität der in den Fachspezifischen Bestimmungen definierten Studiengangziele sowie die Qualifikationsziele in den Modulbeschreibungen überprüfen und ggf. mittels Fakultätsratsbeschluss anpassen.
Anlagen
1. Prüfungsrechtliche Hinweise
1.1. Prüfungen, in denen der Einsatz von gKI zugelassen ist
1.1.1. Festlegung der Zulässigkeit von gKI als Hilfsmittel
Für jede Prüfung müssen die jeweiligen Prüfenden bzw. die Prüfungsausschüsse festlegen, ob gKI-Systeme als Hilfsmittel zugelassen sind. Bei Prüfungen, die nicht unter Aufsicht durchgeführt werden, wie z. B. Hausarbeiten oder Take Home Exams, sollte bei der Festlegung berücksichtigt werden, dass ein rechtssicherer Nachweis der (unerlaubten) Nutzung von gKI-Systemen schwer bis nicht möglich ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, gKI-Systeme bei Prüfungen ohne Aufsicht als Hilfsmittel grundsätzlich zuzulassen. Durch geeignete Vorgaben ist dann sicherzustellen, dass eine Prüfungsleistung weiterhin als eigenständig erbracht gelten kann, und dass die Nutzung von gKI durch die Studierenden in geeigneter Weise belegt wird (siehe unten).
Die für einen Leistungsnachweis konkret zugelassenen Hilfsmittel werden gemäß der jeweils geltenden Prüfungsordnung von den Prüfenden und/oder den Prüfungsausschüssen festgelegt und vor der Prüfung bekannt gegeben. Die Konsequenzen, die die Verwendung nicht zugelassener Hilfsmittel in Prüfungen nach sich zieht, sind in den Prüfungsordnungen geregelt. In der Regel führt die Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel dazu, dass die Prüfungsleistung mit „nicht ausreichend“ bzw. „nicht bestanden“ bewertet wird.
1.1.2 Unzulässigkeit und Kennzeichnungspflicht
Die Zulässigkeit von gKI als Hilfsmittel endet da, wo nicht unerhebliche Teile der abgegebenen Leistung von Textgeneratoren stammen und wo diese nicht als solche gekennzeichnet sind. Was als „nicht unerheblicher Teil“ gelten soll, ist fachlich unterschiedlich, und muss daher in den Fakultäten, Fachbereichen und Fächern diskutiert werden. Die Letztentscheidung liegt vor dem Hintergrund eines fachbezogenen Verständnisses dann im Ermessen der prüfenden Person.
In jedem Falle muss der Einsatz von gKI transparent erfolgen. Wie die Kennzeichnung bzw. der Nachweis im Einzelnen aussehen soll, muss in den Fakultäten, Fachbereichen oder Fächern geregelt werden. Dazu können folgende Leitlinien beitragen:
- Wird der Output von gKI-Systemen übernommen (z. B. paraphrasierend oder sinngemäß) muss jede solche Textübernahme in der Arbeit ausdrücklich gekennzeichnet und in geeigneter Weise dokumentiert sein. Von wortwörtlichen Übernahmen wird dabei grundsätzlich abgeraten.
- Werden generative KI-Systeme zur (Weiter-)Bearbeitung eigener Texte oder Daten verwendet, müssen die verwendeten Werkzeuge unter Angabe des Verwendungszwecks summarisch in der Arbeit aufgelistet werden, z. B. in einem Verzeichnis.
- Werden generative KI-Systeme für eine Arbeit als Suchassistenten eingesetzt, z. B. bei der Literaturrecherche, dann ist die Nutzung solcher Systeme ebenfalls listenartig zu dokumentieren.
Beispiele dafür, wie die geforderten Dokumentationen aussehen können, finden sich in den fakultätsspezifischen Empfehlungen (siehe hier im Lehre-Navi).
1.1.3 Verantwortlichkeit
Schließlich gilt: Wenn die Nutzung von gKI-Systemen in einer Prüfung als Hilfsmittel zugelassen ist, und wenn Studierende gKI-Systeme tatsächlich nutzen, so sind diese für die generierten Inhalte, die Einhaltung urheberrechtlicher Bestimmungen sowie die wissenschaftliche Integrität ihres Leistungsnachweises selbst verantwortlich.
1.1.4 Eigenständigkeitserklärungen
Die Prüfungsordnungen der UHH enthalten Regelungen zur Eigenständigkeitserklärung bei der Abgabe von Prüfungsleistungen. Zurzeit beziehen sich diese meist auf Abschlussarbeiten sowie die Prüfungsart „Take Home Exam“, systematisch können diese Regelungen sich aber auf alle Prüfungsarten beziehen, wenn Prüfungsordnungen dies ausdrücklich vorsehen. Mit der Eigenständigkeitserklärung bestätigen die Studierenden, dass sie die Leistung eigenständig und unter Nutzung keiner anderer als der angegebenen Hilfsmittel verfasst haben. Die Verwendung von gKI-Systemen ist damit grundsätzlich bereits miterfasst.
Um Unsicherheiten bei der Interpretation des Begriffes „Eigenständigkeit“ zu verringern, sollte dieser gleichwohl in den Fakultäten, Fachbereichen und Fächern inhaltlich näher bestimmt werden. Es empfiehlt sich, die Tauglichkeit der Bestimmung in direkter Auseinandersetzung mit gKI zu erproben und zu erörtern. Hierbei sind Studierende möglichst einzubeziehen.
Sinnvolles Element einer solchen Bestimmung kann es sein, ein Format für das Auflisten zugelassener Hilfsmittel zu entwickeln. Anregungen hierzu finden sie in den fakultätsspezifischen Empfehlungen (siehe hier im Lehre-Navi).
1.2 Prüfungen, in denen der Einsatz von gKI untersagt ist
Soll der Einsatz von gKI-Systemen bei der Erbringung von Prüfungsleistungen (aus verschiedenen Gründen) unterbunden werden, empfiehlt es sich,
- bei Prüfungen den Schwerpunkt von der Produktbewertung auf die Bewertung des Lern- bzw. Erstellungsprozesses zu verlagern, z. B. indem von Studierenden eine Dokumentation und/oder Reflexion der Prozesse verlangt wird,
- schriftliche Leistungen mit Hilfe persönlicher Gespräche zu überprüfen oder durch mündliche Prüfungen zu ersetzen, sofern die Fachspezifischen Bestimmungen dies ermöglichen (ggf. sind diese entsprechend anzupassen),
- in den Fakultäten zu diskutieren, welche alternativen Formen zu schriftlichen Leistungen für das Fachgebiet gewählt werden können, die eine Nutzung von gKI ausschließen, wobei die Fachspezifischen Bestimmungen zu berücksichtigen oder ggf. entsprechend anzupassen sind,
- Aufgabenstellungen zu formulieren, die durch die Verwendung von gKI nicht sinnvoll lösbar sind,
- Prüfungen synchron in Präsenz unter Prüfungsaufsicht durchzuführen.
2. Urheberrechtliche Hinweise
2.1 Urheberschaft an gKI-generierten Werken
Gemäß den Regelungen des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) kann die gKI keine urheberrechtlich geschützten Werke erzeugen, da Voraussetzung hierfür eine persönliche geistige Schöpfung ist. Erforderlich hierfür ist eine menschlich-gestalterische Tätigkeit. Deswegen sind die von der gKI selbst generierten Erzeugnisse grundsätzlich gemeinfrei, d. h. von der Allgemeinheit frei nutzbar. Dagegen können Nutzende als Schöpfer von Werken dann Urheber sein, wenn sie die gKI lediglich als Hilfsmittel für eigene gestalterische Tätigkeit verwenden. Entscheidend ist dabei ein erhebliches Maß an geistiger Eigenleistung und Einflussnahme im Gestaltungsprozess. Diese sog. Schöpfungshöhe muss auch in den Werken zum Ausdruck kommen.
Allerdings können für bestimmte gKI-Erzeugnisse Leistungsschutzrechte bestehen, die eine wirtschaftliche und organisatorische Leistung belohnen, so z.B. für KI-generierte Filme als Laufbilder oder KI-generierte Presseerzeugnisse als Presseveröffentlichungen.
2.2 Urheberrechtlich geschützte Inhalte in gKI-generierten Werken
Falls Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass in den gKI-generierten Werken auch fremde geschützte Inhalte enthalten sind, insbesondere im Sinne einer 1:1 Übernahme, müssen die Nutzenden dies mit der gebotenen Sorgfalt prüfen, z. B. mit Hilfe von Plagiatsscannern. Nur wenn die 1:1 Übernahme einen so kleinen Teil des generierten Werkes darstellt, dass das übernommene Werk darin völlig aufgeht und für einen Betrachter im neuen Kontext nicht mehr erkennbar ist, ist eine derartige Übernahme zulässig. Im Einzelfall müssen die Nutzenden die erforderlichen vertraglichen oder gesetzlichen Rechte haben, um diese geschützten Inhalte zu verwenden, insbesondere Dritten gegenüber öffentlich zugänglich zu machen.
2.3 Urheberschaft an Prompts
Eingaben (Prompts) können als sog. Textwerk urheberrechtlich geschützt sein. Einfache typische Prompts sind nicht geschützt, da die technische Funktion überwiegt und ein Freihaltebedürfnis für Dritte besteht. Dagegen kann bei detaillierten Prompts, bei denen die Nutzenden selbst kreativen Inhalt liefern und dadurch gestalterische Entscheidungen treffen, ein Urheberrechtsschutz entstehen.
2.4 Urheberrechtlich geschützte Inhalte in Prompts
Wenn neben der Arbeitsanweisung in Prompts auch fremde Inhalte enthalten sind, müssen die Nutzenden im Einzelfall prüfen, ob sie die erforderlichen vertraglichen oder gesetzlichen Rechte haben, um diese Inhalte in Prompts zu verwenden. Ansonsten dürfen keine urheberrechtlich geschützten Inhalte in Prompts verwendet werden.
2.5 Kennzeichnungspflichten
Eine Kennzeichnungspflicht für gKI-generierte Werke kann sich zum einen aus den Lizenz- oder Nutzungsbedingungen der Software ergeben. Verstöße können gegebenenfalls zu einer Schadensersatzpflicht oder zu einem künftigen Nutzungsausschluss führen. Daher müssen die „Terms of Use“ geprüft werden. Eine Kennzeichnungspflicht kann sich zum anderen aus den geltenden Prüfungsordnungen, Satzungen und sonstigen Rahmenvorschriften der UHH ergeben, insbesondere aus den Eigenständigkeitserklärungen für die Prüflinge oder den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis für die wissenschaftlich Tätigen. Bei Verstößen kann ein Täuschungsversuch oder ein wissenschaftliches Fehlverhalten mit den entsprechenden Konsequenzen vorliegen.
2.6 Verwendung von gKI durch Lehrende zur Bewertung von Prüfungsleistungen
Urheberrechtliche und prüfungsrechtliche Aspekte sind zu beachten, wenn Lehrende gKI für die Bewertung von Leistungen ihrer Studierenden nutzen. Urheberrechtlich sind Prüfungsleistungen geschützt und dürfen zumindest dann nicht in eine gKI eingegeben werden, wenn die Daten als Trainingsdaten oder anderweitig verwendet werden. Prüfungsrechtlich ist zu beachten, dass eine Bewertung durch den Prüfenden selbst und nicht durch die gKI vorzunehmen ist. Bei der Bewertung kann gKI daher nur als Hilfsmittel dienen. Maßgeblich sind im Einzelfall die konkreten Regelungen in den jeweiligen Prüfungsordnungen und Ausbildungsgesetzen. Diese sehen bislang keine entsprechende Kennzeichnungspflicht für Lehrende bei der zulässigen Verwendung von gKI als Korrekturunterstützung vor.
2.7 Text- und Data-Mining für Lehre und Forschung
Das UrhG erlaubt für den Bereich der Lehre unter den Voraussetzungen des § 44b die Vervielfältigung von rechtmäßig zugänglichen Werken für das Text- und Data-Mining (TDM). Darunter versteht man die automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen über Muster, Trends und Zusammenhänge in diesen Daten zu gewinnen. Laut eines Urteils des Landgerichts Hamburg vom 27.09.2024 fällt darunter auch das Erstellen von Trainingsdatensätzen.
Für den Bereich der wissenschaftlichen Forschung, also auch den Bereich der Forschung zu Lehrzwecken, enthält § 60d UrhG eine spezielle Regelung.
2.8 Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Urheberrecht
Bei Verstößen gegen das Urheberrecht drohen Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten. Um Haftungsrisiken zu minimieren, können nach der Generierung der Werke z. B. sog. Plagiatsscanner eingesetzt werden. Ob Ansprüche gegen die UHH oder gegen die Nutzenden bestehen können, hängt vom Einzelfall ab. Bislang sind nur Verfahren gegen die gKI-Anbieter bekannt.
3. Datenschutzrechtliche Hinweise
3.1 Datenschutz nur für personenbezogene Daten
Nur wenn (fremde) personenbezogene Daten bei der Nutzung von gKI verwendet werden, sind datenschutzrechtliche Vorschriften zu beachten. Dies betrifft sowohl den Input, also die Eingabe zu Trainings- und Outputzwecken, als auch den Output selbst, insbesondere bei Veröffentlichungen gegenüber Dritten.
Nach wie vor dürfen auch bei UHHGPT keine personenbezogenen Daten verwendet werden, jedenfalls solange bis die deutschen Aufsichtsbehörden ihre Prüfung abgeschlossen haben, ob die Verarbeitung personenbezogener Daten im zugrundeliegenden Modell von ChatGPT überhaupt rechtmäßig erfolgt.
Personenbezogene Daten sind alle Informationen, die direkt oder indirekt die Identifizierung einer Person ermöglichen. Ein indirekter Personenbezug kann durch zusätzliche Informationen möglich werden, so bei pseudonymisierten Daten. Anders ist dies bei anonymisierten Daten – weswegen im Zweifelsfall nur anonyme Daten zu verwenden sind.
Unabhängig vom Datenschutz kann die Beachtung anderer Vorschriften erforderlich sein, wie Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht und Geheimnisschutz.
3.2 Zugang zur gKI
Die Nutzung von gKI in der Lehre kann nur dann verpflichtend sein, wenn gKI-Systeme zum Einsatz kommen, die offiziell durch die UHH bereitgestellt werden beziehungsweise. für die von der UHH Lizenzen bereitgestellt werden, z.B. UHHGPT.
3.3 Datenschutz-Einstellungen
Die gKI-Anbieter aus Drittstaaten wie OpenAI müssen ihre Datenschutzeinstellungen grundlegend an das EU-Datenschutzrecht anpassen und werden durch die EU-KI-Verordnung dazu verpflichtet. Entsprechende Einstellungen können bei den Plattformen vorgenommen werden, z. B. um den Chat-Verlauf oder die Trainingsdaten zu deaktivieren. Die UHH empfiehlt, diese Einstellungen vorzunehmen. Bei UHHGPT sind diese bereits voreingestellt.
3.4 Verantwortlicher
Wenn die gKI-Dienste – wie ChatGPT – direkt an Endkunden – wie Lehrende und Studierende – angeboten werden, sind die Anbieter wie OpenAI datenschutzrechtlich für die Verarbeitung der Daten verantwortlich. Wenn Behörden wie die UHH die GPT-Technologie über die OpenAI-API in ihre Systeme integrieren, gelten sie als verantwortliche Stelle im Sinne des Datenschutzrechts. In diesem Fall agiert OpenAI als Dienstleister und Auftragsverarbeiter.
3.5 Datenschutzrechtliche Grundsätze
Die für die Datenverarbeitung Verantwortlichen müssen die Einhaltung der in Art. 5 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) aufgeführten Rechtsgrundsätze gewährleisten: Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz, Zweckbindung, Datenminimierung, Richtigkeit, Speicherbegrenzung, Integrität, Vertraulichkeit und Rechenschaftspflicht.
3.6 Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung
Eine Verarbeitung personenbezogener Daten ist gemäß § 6 Abs. 1 DSGVO nur dann rechtmäßig, wenn eine Rechtsgrundlage vorliegt. Als Rechtsgrundlagen kommen die Einwilligung (lit. a) oder die Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse (lit. e), hier der Lehraufgabe, in Betracht.
Beide unterliegen strengen datenschutzrechtlichen Voraussetzungen. Auch bei aktuellen gKI-Modellen wie ChatGPT 4.1 ist nach wie vor noch die Rechtsgrundlage der Einwilligung problematisch, da sich zum einen die Frage der Freiwilligkeit stellt und zum anderen insbesondere noch die Frage der Transparenz hinsichtlich der Informiertheit der Betroffenen offen ist. Bei der Rechtsgrundlage der Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse muss insbesondere eine zweckbezogene Prüfung der Erforderlichkeit erfolgen und bei einer Abwägung das Lehrinteresse das Betroffeneninteresse überwiegen.
3.7 Besonders sensible Daten
Art. 9 DSGVO stellt besondere Voraussetzungen für die Verarbeitung sog. besonderer Kategorien personenbezogener Daten auf, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie genetische Daten, biometrische Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung.
Die Verarbeitung der sensiblen Daten ist gemäß Abs. 1 grundsätzlich verboten, es sei denn, diese ist ausnahmsweise gem. Abs. 2 erlaubt, insbesondere aufgrund einer ausdrücklichen Einwilligung (lit. a) oder aufgrund einer offensichtlichen Veröffentlichung durch die betroffene Person (lit. e).
3.8 Datenübermittlung in Drittländer
Unabhängig von der Frage der Rechtsgrundlage dürfen personenbezogene Daten jedenfalls dann nicht in ein Drittland übermittelt werden, wenn kein angemessenes Datenschutzniveau und keine Sicherheitsgarantien des gKI-Anbieters bestehen. Im Fall der USA gibt es zwar seit Juli 2023 einen neuen Angemessenheitsbeschluss, der jedoch nur für Anbieter gilt, die unter dem neuen EU-U.S. Data Privacy Framework zertifiziert sind – was bei OpenAI (noch) nicht der Fall ist. Andere geeignete Garantien liegen bisher (noch) nicht für die Endkunden-Variante von ChatGPT, aber für die OpenAI-API-Variante vor (Standardvertragsklauseln).
3.9 Datenschutzbeauftragte
Die Verarbeitung personenbezogener Daten in gKI ist mit der Datenschutzbeauftragten zu klären.