UHH Newsletter

April 2014, Nr. 61

FORSCHUNG

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In der Grafik zeigen die blauen Pfeile den Weg des Wassers im Boden, die grauen den in der Luft. Die DFG-Forschergruppe will die Zusammenhänge und Abläufe noch genauer ergründen. Quelle: DFG-Forschergruppe


Kontakt:

Prof. Dr. Felix Ament
Meteorologisches Institut der Universität Hamburg
CEN/CliSAP

t. 040.42838-3597
e. felix.ament-at-zmaw.de

Neue DFG-Forschergruppe: Virtueller Neckar soll Wettervorhersage verbessern

Eine neue DFG-Forschergruppe unter Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Centrums für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg will mithilfe eines Supercomputers eine virtuelle Flusslandschaft erschaffen. Ziel der Simulation ist, die physikalischen Prozesse in einem Flusseinzugsgebiet besser zu verstehen. Das soll zukünftig unter anderem präzisere Wettervorhersagen ermöglichen.

Seit April fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft das Projekt „Data Assimilation for Improved Characterisation of Fluxes Across Compartmental Interfaces“ mit mehr als zwei Millionen Euro. Stark vereinfacht lauten die Fragen der Forscherinnen und Forscher: Was müssen wir messen, um den Weg des Wassers genau nachverfolgen zu können? Und wie können wir diese Informationen in Modelle integrieren?

Am Forschungszentrum Jülich simuliert dafür einer der leistungsstärksten Computer Europas ein sogenanntes Flusseinzugsgebiet von der Quelle bis zur Mündung. Das Gebiet umfasst auch tiefere Bodenschichten und orientiert sich am Einzugsgebiet des Neckars. Dieses bedeckt eine Fläche von etwa 150 mal 200 Kilometern.

Bodenmessungen in einer virtuellen Realität

In der Praxis ist es unmöglich, in einem so großen Bereich alle Wassertransporte zu vermessen. Deshalb bedient sich die Forschergruppe eines Tricks: In einem Modell wird ein Flusseinzugsgebiet simuliert, dabei entsteht eine eigenständige virtuelle Realität, der beliebig viele künstliche Messdaten entnommen werden können. Das Besondere dabei ist, dass die Auflösung des Modells viel größer ist als bei vergleichbaren Modellen. Es ist dabei bis auf 50 m genau, während andere Modelle nur Kilometer-genau sind. Anhand des Modells werden dann geowissenschaftliche Methoden und Formeln überprüft und weiterentwickelt, die dazu genutzt werden, die vollständige (virtuelle) Realität aus den wenigen Messdaten zu rekonstruieren.

Das Hamburger Teilprojekt leitet Prof. Dr. Felix Ament, Meteorologe am CEN und am Exzellenzcluster „Integrated Climate System Analysis and Prediction“ (CliSAP). Er will mit Messungen im Boden das Wetter zuverlässiger vorhersagen. „Das Spannende am Boden ist die Gleichzeitigkeit von langsam und schnell ablaufenden Prozessen“, erläutert Prof. Ament und gibt ein Beispiel: Eine Wolke schiebt sich vor die Sonne. Innerhalb von Sekunden kühlt die Erdoberfläche ab. Dagegen ändert sich die Temperatur in einer Tiefe von zwei Metern nur sehr langsam.

Dieses Wissen will der Meteorologe nutzen: „Wenn wir beispielsweise feststellen, dass die Vorhersage für einen bestimmten Ort generell zu warm ist, dann liegt die Ursache dafür wahrscheinlich tief im Boden. Man nennt das auch den spezifischen zeitlichen Fingerabdruck eines Fehlers. Liegen die Meteorologen dagegen abwechselnd über oder unter der realen Temperatur, so müssen wir die Ursache für den Fehler eher in der oberen Schicht des Bodens suchen“, so Prof. Ament.

Grundlagenforschung mit Potenzial

Die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung versprechen unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten. Vorhersagen zum Niederschlag könnten einer sicheren Wasserversorgung und der Prognose möglicher Überflutungen dienen. Und das Wissen über die Bodenfeuchte hilft Landwirten, ihre Erträge zu steigern.

Sprecher der Gruppe ist der Meteorologe Prof. Dr. Clemens Simmer von der Universität Bonn. Neben der Universität Hamburg sind auch die Universitäten Augsburg, Bonn, Hannover und Tübingen, die European Space Agency (ESA) sowie Institute der Helmholtz-Gemeinschaft in Jülich und Leipzig beteiligt. Mit der neu gegründeten Gruppe gibt es an der Universität Hamburg insgesamt 19 DFG-Forschergruppen.

PM/CliSAP/Red.
 
 
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