Umwelt-DNA verrät die Anwesenheit von Tieren im WasserSpurensicherung in der Elbe
10. Mai 2021, von Christina Krätzig

Foto: Pixabay Bergmann
Um den Zustand eines Lebensraums oder das Vorkommen einer bestimmten Tierart zu erforschen, arbeiten Biologinnen und Biologen wie die Spurensicherung der Polizei. Denn so wie Kriminelle DNA an einem Tatort hinterlassen, hinterlassen Lebewesen DNA in ihrer Umwelt.
Früher waren Forschende mit Keschern und Netzen unterwegs, um die Qualität eines Gewässers zu untersuchen oder den Bestand einer bestimmten Art darin. Tage- oder sogar wochenlang rückten sie aus, um möglichst alle dort vorkommenden Arten zu erfassen. Doch seit ein paar Jahren gibt es eine neue, deutlich einfachere Methode: Die Suche nach DNA im Wasser. „Diese Methode ist weniger aufwändig, schneller und deswegen auch kostengünstiger“, sagt der Biologe Dr. Martin Schwentner. In den zweieinhalb Jahren, die er an der Universität Hamburg als Vertretungsprofessor gelehrt und geforscht hat, hat er auch das Mündungsgebiet der Elbe unter die Lupe genommen. Die entsprechende Studie ist jetzt in der multidisziplinären Online-Wissenschaftszeitschrift PLOS One erschienen.

„Uns ging es weniger um den Nachweis bestimmter Arten als um eine Prüfung der Methode. Sie wurde bisher eher für Seen und gezeitenunabhängige Flüsse angewendet. Die Elbe ist in ihrem tideabhängigen Abschnitt jedoch ein sehr dynamischer Lebensraum und die vorherrschenden Bedingungen unterscheiden sich stark zwischen Ebbe und Flut. Insbesondere das Aufstauen des Wassers bei Flut kann sich auf den Nachweis der Arten auswirken. Außerdem ist die Elbe durch die vielen aufgewirbelten Schwebstoffe relativ trüb. Wir wollten prüfen, ob die Methode auch in einem solchen Gewässer funktioniert“, erklärt Schwentner.
Die Wissenschaftler entnahmen Gewässerproben zu verschiedenen Tideständen, westlich und östlich der Hamburger Innenstadt. Aus diesen Proben haben sie die im Wasser schwimmende DNA herausgefiltert. Wegen der vielen Schwebstoffe gestaltete sich dies als schwieriger als bei klarerem Wasser. Dies war allerdings nicht das größte Problem: „Wir haben auch festgestellt, dass im Labor vor allem Mikroorganismen nachgewiesen werden konnten, häufiger jedenfalls als Insekten oder Fische.“
Dies ist logisch: Mikroorganismen kommen rein zahlenmäßig am häufigsten in jedem Gewässer vor. Mit bloßem Auge und mit herkömmlichen Monitoring-Methoden würde man sie eher übersehen, weshalb diese Organismen bisher beim Monitoring wenig beachtet werden.
Ein großer Vorteil der Methode ist, dass sie nicht invasiv ist, das heißt, dass keine Tiere gefangen, gestört oder getötet werden müssen. Nachteilig ist hingegen, dass die DNA mit der Strömung flussabwärts getrieben werden kann. „Wenn wir die DNA einer Art in der Hamburger Elbe nachweisen, muss diese Art nicht in Hamburg vorkommen. Möglicherweise lebte das entsprechende Individuum bei Geesthacht oder sogar noch weiter flussaufwärts“, erklärt Schwentner.
Insgesamt ist der Biologe mit den Ergebnissen zufrieden: „Wir haben herausgefunden, dass sich die Artzusammensetzungen der verschiedenen Flussabschnitte bei Ebbe stärker ähnelten als bei Flut. Bei Flut war die Zusammensetzung der nachgewiesenen Arten in der Elbe also unterschiedlicher als bei Ebbe“, so der Biologe. Dies verdeutlicht den Einfluss der Gezeiten auf die Zusammensetzung der vorhandenen DNA. Noch wichtiger aber sei die Erkenntnis, dass die Methode grundsätzlich für die Arbeit in tidenabhängigen Gewässern geeignet ist. Sie wird herkömmliche Monitoring-Methoden künftig ergänzen, aber nicht ersetzen – und Biologinnen und Biologen viel Zeit sparen und gleichzeitig einen umfassenderen Einblick in die lokale Fauna ermöglichen.