Von getrockneten Pflanzen bis SkulpturenUniversität Hamburg verleiht Objekte in alle Welt
5. Dezember 2025, von Claudia Sewig
Mehr als drei Millionen Sammlungsobjekte in 33 wissenschaftlichen Sammlungen gibt es an der Universität Hamburg. Museen, Institutionen und einzelne Forschende leihen sich immer wieder etwas davon für Ausstellungen oder ihre Forschung aus. So ging unter anderem auch das großformatige Kokoschka-Gemälde, das gerade an seinen Platz im Philturm der Uni zurückgekehrt ist, in den vergangenen Jahren auf Europatournee.
Nicht ganz so groß und bekannt wie das Gemälde, dafür aber zahlenmäßig unschlagbar ist etwa das Herbarium Hamburgense der Universität Hamburg. Mit mehr als 1,8 Millionen getrockneten Pflanzenbelegen sowie separaten Sammlungen für Großstücke und Alkoholpräparate ist es eine international bedeutende wissenschaftliche Pflanzensammlung. Es dokumentiert und archiviert einen großen Teil der globalen pflanzlichen Vielfalt und ist eine unverzichtbare Ressource für die Evolutions- und Biodiversitätsforschung. Botanikerinnen und Botaniker aus aller Welt leihen sich daher immer wieder Belege aus Klein Flottbek für ihre Forschung aus.
Eine andere Sammlung an der Universität Hamburg ist die Kunstsammlung, die von den Mitarbeitenden der Zentralstelle für wissenschaftliche Sammlungen betreut und kuratiert wird. Auf Anfrage stellen sie ausgewählte Kunstwerke aus den Beständen der Universität für Ausstellungen im In- und Ausland zur Verfügung. So gelangen bisher kaum bekannte Gemälde, Skulpturen oder andere Kulturgüter in Museen im In- und Ausland. „Viele Besucherinnen und Besucher dieser Ausstellungen bekommen so die Möglichkeit, sich mit den Kunstwerken der Universität auseinanderzusetzen“, sagt René Rackow von der Zentralstelle für wissenschaftliche Sammlungen.
Kokoschka-Gemälde, Warburg-Sammlung, Wissmann-Denkmal
Bevor das Werk „Thermopylae oder der Kampf um die Errettung des Abendlandes“ im Oktober 2025 wieder in den Hörsaal D des Philturms auf dem Campus Von-Melle-Park zurückgekehrt ist, ging auch das Triptychon des berühmten Künstlers Oskar Kokoschka in den vergangenen Jahren auf eine kleine Europatournee. 2018 war es im Kunsthaus Zürich ausgestellt und ein Jahr später im Leopold Museum in Wien. Im Jahr 2021 gab es sogar eine Anfrage vom Musée d’Art Moderne in Paris, um das Werk für die Ausstellung „Oskar Kokoschka. Un Fauve à Vienne“ auszuleihen. Rackow: „Das zeigt, wie wichtig Werke im Besitz der Universität sind und wie sehr sie von internationalen Museen gewürdigt werden.“
Gleichzeitig kann die historisch bedeutsame „Bildersammlung zur Geschichte von Sternglaube und Sternkunde“ des Kunsthistorikers und Kulturwissenschaftlers Aby Warburg in diesem Jahr zum ersten Mal in Hamburg in ihrer ganzen Bandbreite im großen Kesselsaal des Planetariums besichtigt werden. Die Sammlung zeigt, wie Menschen früher die Sterne und das Weltall gesehen haben – und wie sich das im Laufe der Jahrhunderte verändert hat.
Ein besonders nachgefragtes Werk aus der Kunstsammlung der Universität Hamburg ist das sogenannte Wissmann-Denkmal, ein Symbol der deutschen Kolonialgeschichte. Dieses fast 500 Kilogramm schwere Bronzestandbild wurde vom Bildhauer Adolf Kürle geschaffen und zeigt Hermann von Wissmann in seiner Rolle als Kolonialgouverneur von Deutsch-Ostafrika. Es wurde 1909 im Auftrag der Deutschen Kolonialgesellschaft in Deutschland gefertigt und nach Daressalam in der damaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika, heute Tansania, verschifft und dort aufgestellt. Nachdem Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg seine Kolonien an die Alliierten verlor, wurde das Denkmal 1921 vom Britischen Königreich an Deutschland zurückgegeben.
„Museen sind angewiesen auf Leihgaben“
1922 wurde es neben dem Hauptgebäude der im Jahr 1919 gegründeten Universität Hamburg aufgestellt, in dem zuvor das Hamburgische Kolonialinstitut beheimatet war. Schon bei der Einweihung gab es um das Werk erhebliche politische Kontroversen, war Wissmann doch an der gewaltsamen Niederschlagung von Widerstandsbewegungen beteiligt gewesen. Ab 1961 begannen dann die ersten öffentlichen Proteste gegen das Denkmal; 1967 wurde es von Studierenden vom Sockel gestürzt und nach einem zweiten Sturz im Jahr 1968 nicht wieder aufgestellt.
Heute werden die Bronzefiguren von der Universität konservatorisch betreut und fachgerecht eingelagert. Im Zuge eines wachsenden gesellschaftlichen Bewusstseins für die historischen Folgen des Kolonialismus rückten in den vergangenen Jahren die deutschen Museen das Thema zunehmend in den Fokus. Aus diesem Grund verlieh die Universität Hamburg verschiedene Teile des Wissmann-Denkmals zwischen den Jahren 2017 bis 2025 an mehrere Museen, unter anderem an das Deutsche Historische Museum Berlin, die Bundeskunsthalle Bonn und zuletzt an das Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Im kommenden Jahr wird erneut ein Teil des Denkmals im Rahmen einer künstlerischen Arbeit im Museum Ludwig in Köln in der Ausstellung „Along the Color Line – Perspektiven einer transatlantischen Moderne“ vom 3. Oktober 2026 bis zum 7. März 2027 zu sehen sein.
„Museen sind angewiesen auf Leihgaben“, sagt Dr. Antje Nagel, Leitung Stabsstelle Universitätsmuseum und Zentralstelle für wissenschaftliche Sammlungen. „Es gehört daher auch zu unserem Konzept, Objekte für Museen vorzuhalten. Das ist sozusagen eine Kulturförderung von unserer Seite und bringt die Universität auch hierüber hinein in die Öffentlichkeit.“ Die Kenntnis über die Art und die Umstände, die historischen Kontexte oder auch Unrechtskontexte, in denen die Objekte Eingang in die Sammlungen der Universität genommen haben, werden dabei sehr ernst genommen, so Nagel: „Museen und Sammlungen setzen sich in den vergangenen Jahren verstärkt mit der Besitz- und Herkunftsgeschichte von Objekten auseinander.“ Auch zu diesem Thema geht die Uni an die Öffentlichkeit, etwa im Kooperationsprojekt zu Human Remains in Schulsammlungen.
Die Wissenschaftlichen Sammlungen der Universität Hamburg, des Leibniz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) und der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky (SUB) können online über FUNDus!, das Rechercheportal der Universität Hamburg, erkundet und eingesehen werden.





