DAAD-Preis an der Universität Hamburg„Du bist mehr als dein Migrationshintergrund“
28. November 2025, von Christina Krätzig

Foto: UHH/Keller
Anna Guseva erhält den diesjährigen Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes an der Universität Hamburg. Die Universität würdigt damit ihre akademischen Leistungen im Lehramtsstudium und ihr herausragendes gesellschaftliches Engagement für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund.
Frau Guseva, Sie stammen aus Russland, unterrichten aber in Deutschland Deutsch und Englisch. Wieso haben Sie sich für diesen Weg entschieden?
Das Lehramtsstudium und der Lehrerberuf sind seit vielen Jahren mein Traum. Noch während ich in Russland zur Schule ging, habe ich in meiner Freizeit Deutsch, Englisch und Französisch gelernt. Deutsch wurde bald meine Lieblingssprache und nach dem Abitur, mit 17 Jahren, bin ich zum Studieren nach Deutschland gegangen.
Wie haben Sie das Studium in Hamburg erlebt?
Es war zunächst eine schwierige Zeit. Ich musste mich allein hier zurechtfinden und konnte nicht gleich an die Uni, sondern musste erst einmal ein Jahr lang das Studienkolleg besuchen. Dann kam Corona und an der Universität herrschte wie an den Schulen ein Ausnahmezustand. Trotzdem konnte ich in den vergangenen Jahren bereits viele praktische Erfahrungen sammeln, insbesondere mit Integrationsklassen.
Das gilt als besonders herausfordernd. Erleben Sie das auch so?
Eigentlich nicht. Durch meine eigene Geschichte kann ich mich gut in Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund einfühlen. Ich weiß, wie schwer es sein kann, in einem fremden Land Fuß zu fassen und habe viel Verständnis für die vielfältigen Herausforderungen, die damit verbunden sind. Ich bin davon überzeugt, dass eine Migrationsgeschichte nicht nur Schwierigkeiten mit sich bringt, sondern eine Stärke und Bereicherung sein kann. Diese Botschaft möchte ich meinen Schülerinnen und Schülern mitgeben: Dass sie mehr sind als ihre Fluchtgeschichte und ihr Migrationshintergrund.
Sie studieren derzeit im Master, finanzieren sich selbst und finden trotzdem noch Zeit, sich ehrenamtlich für Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit zu engagieren. Was machen Sie genau?
Ich habe mich ein Jahr lang für den Verein „Zeit für Zukunft“ engagiert und ein aus Afghanistan geflüchtetes Mädchen betreut. Seit Februar bin ich Mentorin einer Oberstufenschülerin, die als erste in ihrer Familie studieren möchte, und begleite sie auf ihrem Weg zum Abitur und Studium. Dies ist ein Programm der Claussen-Simon-Stiftung – ich versuche mich bei vielen verschiedenen Veranstaltungen der Stiftung zu engagieren.
Wie erträumen Sie sich für Ihren weiteren Lebensweg?
Ich möchte in Deutschland bleiben und immer besser darin werden, eine Ansprech- und Begleitperson für junge Menschen zu sein - etwas, das ich selbst in dem entsprechenden Alter nicht hatte.
Zum Preis
Der DAAD-Preis wird jährlich von verschiedenen deutschen Universitäten an eine aus dem Ausland stammende Studentin oder einen aus dem Ausland stammenden Studenten der Hochschule vergeben. Er zeichnet herausragende Studierende bzw. Promovierende aus, die sich sowohl durch besondere akademische Leistungen als auch bemerkenswertes gesellschaftliches oder interkulturelles Engagement hervorgetan haben. Mit 1.000 € dotiert, soll er einer breiteren Öffentlichkeit deutlich machen, welche Bereicherung internationale Studierende und Promovierende für die Hochschulgemeinschaft darstellen.

