Gescheitertes UN-Plastikabkommen„Plastik ist heute bereits in jedes Ökosystem weltweit vorgedrungen“
1. September 2025, von Christina Krätzig

Foto: UHH/Fischer
Ein internationales Abkommen der Vereinten Nationen zur Reduktion von Kunststoffen und zu verbesserten Wertstoffkreisläufen ist kürzlich gescheitert – obwohl jährlich weltweit fast 400 Millionen Tonnen Plastik produziert werden, von denen ein großer Teil in die Umwelt gelangt. Dr. Elke Fischer von der Arbeitsgruppe „Microplastic Research“ an der Uni Hamburg schätzt die Situation ein.
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Frau Fischer, wie beurteilen Sie das Scheitern der Verhandlungen?
Zunächst einmal sehe ich es als großen Fortschritt an, dass es inzwischen überhaupt Bemühungen gibt, das Problem einzudämmen – und dass so viele Staaten angefangen haben, miteinander darüber zu sprechen. Das ist neu und ein wichtiger Schritt. Gleichzeitig weiß man von den globalen Klimaverhandlungen, wie zäh es auf internationaler Ebene voran gehen kann. Das kann zwar manchmal frustrierend sein, kommt aber nicht überraschend.
Wer hat in diesem Fall gebremst?
Die größten Bremser sind die erdölproduzierenden Länder. Da Kunststoffe zu einem beträchtlichen Teil aus diesem Rohstoff bestehen, haben sie schlicht kein Interesse an einem Produktionsrückgang. Sie möchten stattdessen auf bessere Recyclingmöglichkeiten fokussieren. Das ist aber gerade bei Kunststoffen extrem kompliziert, weil diese chemisch so unterschiedlich sind und so viele Zusätze enthalten, je nach den gewünschten Eigenschaften. Bessere Recyclingmöglichkeiten sind ganz klar wichtig, aber Müllvermeidung eben auch.
Sie selbst forschen zu Mikroplastik. Wo kommen diese kleinen Plastikteilchen her – und wo findet man sie?
Nur ein verschwindend geringer Teil wird direkt als Mikroplastik produziert. Der weitaus größte Anteil entsteht nach und nach durch den Zerfall von größeren Plastikstücken durch mechanische Prozesse oder UV-Strahlung. Mit dem Wind oder den Wasserkreisläufen gelangt es ganz einfach überall hin. Plastik ist bereits in jedes Ökosystem weltweit vorgedrungen, kommt in allen Meeren und Flüssen vor, in der Arktis ebenso wie der Antarktis, in Böden wie in der Luft.
Es wurde ja sogar schon in menschlichen Organen nachgewiesen.
Ja, und ich glaube, dass wir das Ausmaß seiner Verbreitung in Lebewesen – wie auch die Folgen davon – überhaupt noch nicht überblicken. Das Problem ist: Als Mikroplastik zählt jedes Teil, das kleiner als fünf Millimeter ist. Die meisten Teile sind jedoch noch viel, viel kleiner und das macht den Nachweis schwierig. Zudem kann man mit bestimmten Methoden immer nur nach spezifischen Partikelgrößen suchen und das bedeutet, dass man längst nicht alles entdeckt.
Ihre Arbeitsgruppe forscht gerade in den Abruzzen. Worum geht es da?
Das ist das sehr spannende Promotionsprojekt von Malin Klein, das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert wird. Wir erforschen, wie Wälder sich auf die Verteilung von Mikroplastik auswirken. Die Bäume filtern und kämmen die Luft, die sehr viel mehr Mikroplastik enthält als die meisten Menschen ahnen. Wir untersuchen also insbesondere die Waldränder, analysieren Proben von Blättern sowie Luft- und Bodenproben. Wir wollen das Ausmaß des Problems erforschen. Anschließend muss man sich dessen Auswirkungen ansehen, beispielsweise auf einen einzelnen Baum. Nimmt der das Plastik auf? Und wie wirkt sich das aus? Kann er dann beispielsweise weniger Photosynthese betreiben? Es ist wichtig, mehr über diesen Stoff zu wissen, der unsere Umwelt noch Jahrtausende prägen wird.
Ist das eine frustrierende Arbeit?
Nein, gar nicht. Die Erscheinungsformen von Mikroplastik sind unendlich vielfältig und das macht die Jagd nach ihm schwierig und spannend. Ich finde es natürlich nicht gut, dass so viel davon in die Umwelt gelangt – aber ich bin fasziniert von den wissenschaftlichen Fragestellungen, die sich daraus ergeben.
