Willkommen an Bord„Ich will schwer verstehbare Literatur untersuchen und auf diese Weise unseren Geheimnissen auf die Spur kommen“Prof. Dr. Sandra Richter verstärkt die Geisteswissenschaften
1. Oktober 2025, von Richter/Red.

Foto: Chris Korner, DLA Marbach
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor. Dieses Mal: Germanistin Prof. Dr. Sandra Richter.
Mit Sandra Richter gewinnt die Exzellenzuniversität Hamburg zum Wintersemester 2025/2026 eine international profilierte Wissenschaftlerin, die mit ihrer interdisziplinären Forschung und herausragenden Expertise wichtige Impulse setzen wird. Sie übernimmt die Professur „Neuere Deutsche Literaturwissenschaft“ in der Germanistik. Kooperationspartnerin dieser gemeinsamen Berufung ist die Deutsche Schillergesellschaft e. V., Trägerin des Deutschen Literaturarchivs Marbach. Seit 2019 leitet Sandra Richter das Deutsche Literaturarchiv Marbach.
Mein Forschungsgebiet in drei Sätzen:
Ich erforsche die deutsche und mehrsprachige Literatur von 1600 bis in die Gegenwart. Besonders wichtig ist mir die Deutung von Literatur in ihren historischen, intellektuellen und ästhetischen Zusammenhängen. Um diese genau zu beschreiben, nutze ich oft auch psychologische, soziologische und computationelle Methoden.
Und so erkläre ich meiner Familie, worum es da geht:
Literatur erzählt vom Menschen und seiner Umwelt, sie schafft andere, mögliche Welten, in die wir uns vertiefen können. Manchmal aber ist sie schwer zu verstehen, und mitunter können wir sie gar nicht entziffern, weil sie in alten Handschriften verfasst ist. Ich will diese schwer verstehbare Literatur untersuchen und auf diese Weise unseren Geheimnissen auf die Spur kommen.
Darum freue ich mich auf Hamburg – auf die Stadt und die Universität:
Die Uni Hamburg ist meine Alma Mater, ich kenne sie aus meiner Zeit als Studentin in den Jahren 1993 bis 1997, 2003 habe ich an der Universität Hamburg meine Habilitation eingereicht. Ich kehre zurück – an eine Universität, die sich phantastisch weiterentwickelt hat. In den Geisteswissenschaften ist die Verbindung von (natur-)wissenschaftlichen und historisch-hermeneutischen Ansätzen einzigartig. Ich freue mich, die Universität und ihre Stadt neu kennenzulernen und etwas zurückzugeben.
Das sind meine Pläne an der Uni Hamburg:
Ich werde die kooperativen Arbeiten in den Bereichen der historisch-hermeneutischen Forschung und der Manuskriptforschung ausbauen, beispielsweise durch die gemeinsame Konzeption und Beantragung von Brückenprojekten der DFG. Bereits jetzt trage ich zum Exzellenzcluster „Understanding Written Artefacts“ und zur Forschergruppe „Geistliche Intermedialität in der Frühen Neuzeit“ bei. Darüber hinaus möchte ich den Austausch der Geisteswissenschaften mit der Öffentlichkeit neu anregen, etwa durch gemeinsame Ausstellungen und Veranstaltungen mit dem Deutschen Literaturarchiv Marbach und für ein größeres Publikum.
Darum sollten Studierende unbedingt meine Veranstaltungen besuchen:
Mit den Studierenden möchte ich Literatur- und Denkgeschichte ausgehend von konkreten Objekten, Texten oder Gegenständen erkunden – historisch in einer weiten Spanne, von etwa 1600 bis in die Gegenwart. Außerdem möchte ich auf die öffentliche Bedeutung von Literatur aufmerksam machen, beispielsweise durch die gemeinsame Entwicklung von Ausstellungen, Publikations- und Veranstaltungsprojekten. Dabei möchte ich nicht nur wissenschaftliches Arbeiten, sondern zugleich Formen der ästhetischen Vermittlung lehren, die der Wissenschaft selbst wie ihrer Wahrnehmung in der Öffentlichkeit gut tun.
Blick in die weite Welt – Mit diesen internationalen Einrichtungen, Universitäten oder Institutionen arbeite ich zusammen:
Da ich auch als Professorin der Universität Hamburg Direktorin des Deutschen Literaturarchivs Marbach (DLA) bleibe, bringe ich zahlreiche Kooperationen mit, die wir am DLA entwickelt haben, darunter die enge Verbindung zur University of Oxford, zu zahlreichen amerikanischen Kolleg/-innen an Unis wie Yale und UCLA, zu asiatischen Kolleg/-innen beispielsweise von der Seoul National University. Hinzu kommen Verbindungen zu Museen und Archiven, etwa der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Schwedischen Akademie, deren Auftrag es ist, Wissenschaft in die Öffentlichkeit zu bringen, sei es durch Ausstellungen oder durch Veranstaltungen.
Darum ist meine Forschung für die Gesellschaft wichtig:
Literatur ist ein Überlebenselixier, gerade in schwierigen Zeiten. Indem wir sie entziffern und deuten kommen wir an den Kern heran, der Menschsein bedeutet. Wer liest, versteht unsere Gesellschaft und sich selbst darin besser, weil er im Mittel der Fiktion mit verstörenden Ereignissen und eigentümlichen Ausdrucksformen umzugehen lernt. Und wer literaturwissenschaftlich liest, hat einen Vorrat von Handlungssituationen und Vorstellungsmöglichkeiten im Kopf, die Aufschluss über beinahe jede noch so unmögliche Situation erlauben. Deshalb ist es für unsere Gesellschaft wichtig, auch entlegene, komplizierte und seltene Texte zu bewahren, zu erschließen, zu verstehen – und dem widme ich mich.

