Studierende erstellen Videos über den Bunker auf St. PauliVom Gefechtsstand zum öffentlichen Garten
30. Juni 2025, von Christina Krätzig

Foto: CC0
Der ehemalige Luftschutzbunker auf dem Heiligengeistfeld hat durch seinen Umbau viel Aufsehen erregt. Für die New York Times beispielsweise gehört Hamburg seit der Eröffnung zu den 50 sehenswertesten Städte der Welt. Studierende der Universität Hamburg gestalten nun Informationsvideos für die Besucherinnen und Besucher. Die Historikerin Prof. Dr. Birthe Kundrus und der Medienwissenschaftler Prof. Dr. Thomas Weber begleiten das Projekt, das aus Mitteln des Transferfonds der Exzellenzuniversität Hamburg gefördert wird.
Herr Weber, worum wird es in den Videos gehen?

Thomas Weber: Vier Videos werden sich mit der Geschichte des Bunkers in der Kriegszeit beschäftigen, drei mit seiner Nutzung nach dem Kriegsende. Letztere hat viele heute fast vergessene Facetten. So begann auf dem Heiligengeistfeld die Geschichte des NDR: Dort wurde die erste Tagesschau produziert und die erste norddeutsche Kochshow, von dort wurden erste Fußballspiele im Millerntor-Stadion live übertragen. Und die im Bunker untergebrachten Sozialwohnungen beschäftigten die Hamburger Politik über Jahrzehnte, jenseits aller Machbarkeit eines weiteren Bunkerausbaus.
In Hamburg spricht man heute vom Bunker auf dem Heiligengeistfeld, aber gebaut wurde der Koloss nicht nur zum Schutz der Bevölkerung, richtig?
Birthe Kundrus: Das Gebäude und sein Pendant in Wilhelmsburg wurden zwischen 1942 und 1944 als Flaktürme errichtet. Auf den jeweils vier Türmen waren Flugabwehrgeschütze positioniert. Bei der Abwehr von Luftangriffen auf den kriegswichtigen Hamburger Hafen waren die Flaktürme jedoch nicht besonders erfolgreich. Für den Schutz der Bevölkerung taten sie aber ihren Dienst: In St. Pauli fanden bei den schwersten Luftangriffen im Sommer 1943 nach Schätzungen 23.000 bis 28.000 Menschen dort Schutz, obwohl der Bunker und sein Radarturm planmäßig nur für 5.800 Personen ausgelegt waren.
Forschen Sie selbst auch zur Geschichte des Gebäudes?

Birthe Kundrus: Wir sammeln Material, beispielsweise historische Bilder und erwerben die Rechte für eine Veröffentlichung, soweit dies möglich ist. Und wir beziehen neueste Forschungsergebnisse in unsere Arbeit ein. Beispielsweise hieß es immer, dass der Bunker vor allem von Zwangsarbeitern errichtet wurde. Nun hat sich gezeigt, dass eher Vertragsarbeiter, beispielswiese aus Dänemark, beteiligt waren. Diese waren relativ frei und fuhren zum Beispiel über Weihnachten nach Hause. Sie entflohen der deutschen Besatzung in ihren Heimatländern und der mit ihr eintretenden Arbeitslosigkeit sowie Restriktionen etwa in der Lebensmittelverteilung.
Wie ist es zu der Idee für das Videoprojekt gekommen?
Thomas Weber: Der gemeinnützige Verein Hilldegarden e. V. setzt sich seit zehn Jahren für eine neue Nutzung des Bunkers ein und dafür, dass dieser als Gedenk- und Lernort erlebbar bleibt. Von dem Verein stammt die ursprüngliche Idee zur Begrünung des Bunkerdachs. Deren am Ende recht zügige Umsetzung und der alle Erwartungen übertreffende Besucheransturm hat Hildegarden jedoch vor Herausforderungen gestellt, die der Verein allein nicht stemmen konnte. Daher haben wir mit dem Transferprojekt Unterstützung angeboten. Unser Konzept sieht die Erstellung kurzer Videos vor, die Besucherinnen und Besucher während eines Rundgangs anschauen können. Zusätzliches Material machen wir auf einer Website zugänglich - für alle, die es genauer wissen wollen.
Welche Aufgaben übernehmen die Studierenden in dem Transferprojekt?
Thomas Weber: Die Studierenden aus den Medienwissenschaften und der Geschichte machen die eigentliche Arbeit! Sie haben die Drehbücher geschrieben und drehen die Filme – unterstützt von erfahrenen Forschenden und Tutorinnen beziehungsweise Tutoren. Sie stellen dem Verein die ersten Ergebnisse vor und müssen gegebenenfalls auch Änderungswünsche umsetzen – genau wie bei Auftragsarbeiten im richtigen Leben.
Wann werden alle Videos und die Website fertig sein?
Birthe Kundrus: Wir wollen mit den Videos bis zum Ende der Vorlesungszeit fertig sein. Die Homepage wird im Wintersemester fertig gestellt.
Für alle Interessierten bietet der Verein Hilldegarden e.V. Führungen durch und über den Bunker an.
Weitere Informationen zum Transferfonds der Universität Hamburg finden Sie hier. Finanziert wird die Förderung aus Geldern der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder.