Studentische ForschungsgruppeDurch Wissenschaft das Lernen im Medizinstudium modernisieren
27. September 2024, von Newsroom-Redaktion/ME-Learn
Foto: privat
Ein Medizinstudium erfordert effizientes Lernen, um vielfältige Inhalte für die spätere ärztliche Tätigkeit langfristig im Gedächtnis zu speichern. Die studentische Forschungsgruppe „ME-Learn“ der Exzellenzuniversität Hamburg möchte diesen Lernprozess mithilfe wissenschaftsbasierter Lernmethoden nachhaltiger gestalten.
Für Medizinstudierende ist es Alltag: In kürzester Zeit müssen anatomische Strukturen, physiologische Prozesse und biochemische Formeln auswendig gelernt werden. Das Wissen muss nicht nur zur Klausur abrufbar sein, sondern auch Jahre später bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten. Doch wie kann das am besten funktionieren? Das wollen Ben Lücking, Michail Mordvintsev, Henry Risch sowie weitere Studierende in der studentischen Forschungsgruppe „Medical Education-Learn (ME-Learn)“ herausfinden.
„In meinem Medizinstudium habe ich mich irgendwann gefragt, wie ich mein eigenes Lernen effizienter gestalten und mir das Gelernte langfristig merken kann“, erzählt Michail Mordvintsev, einer der ME-Learn Gründer und Medizinstudent am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). In der Forschungsgruppe, die seit einem halben Jahr aus Mitteln der Exzellenzstrategie des Bundes und Länder gefördert wird, schauen sich die Studierenden daher den komplexen Prozess des Lernens an.
Wissen für spätere ärztliche Tätigkeit sichern
Im Fokus steht dabei insbesondere das Verinnerlichen des Gelernten für die spätere ärztliche Tätigkeit, bei der mitunter innerhalb von Sekunden Entscheidungen getroffen werden, die über Leben und Tod bestimmen können. In diesen Situationen ist es elementar, auf das praktische und theoretische medizinische Wissen bestmöglich zugreifen zu können.
„Intuitive Lernmethoden wie das Markieren mit Textmarkern oder das wiederholte Lesen von Lehrbüchern sind auch unter Medizinstudierenden weit verbreitet, aber wenig vielversprechend, was einen nachhaltigen Lernerfolg angeht“, berichtet Henry Risch. Die Wissenschaft setze eher auf Lernmethoden wie Active Recall, auch Retrieval Practice genannt, also das aktive Reproduzieren von Gelerntem etwa durch Tests, oder das zeitliche Aufteilen von Lerneinheiten über längere Zeiträume, sogenanntes Spacing.
Umsetzung im Medizinstudium am UKE
Das „ME-Learn“-Team hat diese verschiedenen Methoden, die einen langfristigen Lernerfolg garantieren sollen, in systematischer Literaturrecherche sowie Interviews mit Expertinnen und Experten zusammengetragen, ausgewertet und auf die Inhalte des Medizinstudiums angewendet. Auf Basis dieses Wissens haben die Mitglieder zudem Vorträge und Workshops entwickelt und teilen so die Erkenntnisse mit Medizinstudierenden in ganz Deutschland. Im nächsten Schritt sollen die Methoden am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf implementiert werden.
In Kooperation mit Prof. Dr. Parisa Moll-Khosrawi, Arbeitsgruppenleiterin und Lehrkoordinatorin der Anästhesiologie und Notfallmedizin am UKE, wird der Unterricht der Notfallmedizin entsprechend umgestaltet. Die wissenschaftsbasierten Lernmethoden wie Active Recall und Spacing werden dann durch mehrere derzeit laufende Studien evaluiert.
„Wir wollen so herausfinden, inwiefern wissenschaftsbasierte Lernmethoden einen tatsächlichen Mehrwert für die universitäre Lehre und den Lernerfolg der Studierenden mit sich bringen und ein erweiterter Einsatz im universitären Kontext demnach sinnvoll erscheint“, so Ben Lücking. Die Forschungsgruppe wolle dazu beitragen, im Labor beobachtete Effekte in die Lehrpraxis zu integrieren – und so das Medizinstudium nicht nur an der Uni Hamburg weiter zu verbessern.
Das Förderprogramm
Mit dem Förderprogramm „Studentische Forschungsgruppen“ ermöglicht die Exzellenzuniversität Hamburg Studierenden die selbstverantwortliche Arbeit an einem wissenschaftlichen Projekt. Das Programm wird zweimal jährlich ausgeschrieben, das maximale Fördervolumen für ein Einzelprojekt beträgt 10.000 Euro.