„Abenteuer Rechtsmedizin“: Online-Anwendung des UKEUnfall oder Verbrechen?
14. Januar 2020, von Anna Priebe
Leichenschau, Todeszeitbestimmung oder Vaterschaftstest: Die Aufgaben der Rechtsmedizin sind vielfältig. Mit einem interaktiven Lernangebot der „Hamburg Open Online University“ (HOOU) kann jede und jeder selbst das „Abenteuer Rechtsmedizin“ wagen und Fälle lösen. Projektleiter Prof. Dr. Sven Anders vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf erklärt, was die Herausforderungen bei der Entwicklung waren.
In Wimmelbildern sucht man nach Hinweisen und über „Drag and Drop“ werden Untersuchungen durchgeführt. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, das Thema Rechtsmedizin in einer Online-Anwendung aufzubereiten?
Als die verschiedenen Fakultäten aufgerufen wurden, sich Gedanken über Angebote für die HOOU zu machen, haben wir uns überlegt, wie wir unsere Arbeit in der Rechtsmedizin so darstellen können, dass Laien die Grundprinzipien verstehen. Es sollte didaktisch natürlich vereinfacht sein, aber realistischer und vollständiger als zum Beispiel im Krimi. Uns war da relativ schnell klar, dass wir einen spielerischen Zugang zu den Lerninhalten entwickeln müssen.
Verwenden Sie echte Fälle für die Aufgaben?
Nein, die Fälle sind konstruiert. Aber die Beispiele ähneln einer Vielzahl unserer realen Fälle. Insgesamt sind vier Fälle online – in Deutsch und in Englisch. Man kann zum Beispiel den Todeszeitpunkt einer Leiche bestimmen oder entscheiden, ob es sich um einen Unfall oder ein Verbrechen handelt.
Die App ist grafisch im Stil einer Graphic Novel gehalten. Was waren die Überlegungen hinter dieser Umsetzung?
Wir hatten tatsächlich von Anfang an im Kopf, dass unsere Anwendung in Richtung Comic und Graphic Novel gehen sollte, um mehr Möglichkeiten bei der Darstellung zu haben und Aspekte wie Blut oder Verletzungen abstrakt zeigen zu können. Für die Umsetzung haben wir mit Studierenden der HAW zusammengearbeitet – einerseits für die Programmierung und andererseits für die Grafik. Mit den beiden Studenten haben wir einen echten Glücksgriff gemacht.
Was sind denn die besonderen Herausforderungen bei dem doch ziemlich morbiden Thema?
Die Inhalte sollen nicht zu kompliziert sein und wir können im Grunde auch kein Vorwissen voraussetzen. Das schließt zum Beispiel Fälle aus, bei denen es verschiedene Komponenten gibt, die interpretiert und zusammengeführt werden müssen. Zudem sind unsere Fälle eben oft mit Verletzungen, Blut und ähnlichem verbunden. Das muss so dargestellt werden, dass es die Nutzerinnen und Nutzer nicht belastet.
Wir überlegen zum Beispiel schon lange, wie wir das Thema Obduktion angehen könnten. Grafisch würde das vielleicht noch gehen, ohne dass es zu drastisch wird. Aber daraus einen Fall zu machen, den Laien bearbeiten können, ist schwierig. Es gibt eine Vorgeschichte, wir haben Laborbefunde und zu jedem Organ einen Befund – für die Interpretation braucht man da schon mehr Hintergrund, als man in einem Comicbild darstellen kann.
Ist das „Abenteuer Rechtsmedizin“ denn auch etwas fürs Medizinstudium?
Die Nutzung durch Studierende ist eher ein Nebeneffekt. Mit ihnen machen wir vieles von dem, was in der App vorkommt, im Studium ganz praktisch. Das sind vor allem Dinge, die sie – unabhängig von ihrer Fachrichtung – im Alltag brauchen werden. Andere Aspekte wie die Todeszeitbestimmung behandeln wir allerdings nur theoretisch in der Vorlesung. Der Gedanke ist daher schon, dass die Studierenden mit der Anwendung die Kerninhalte nacharbeiten sowie Gelerntes anwenden und festigen können.
Hamburg Open Online University (HOOU)
„Abenteuer Rechtsmedizin“ ist eines von 152 Lernangeboten der 2015 initiierten Hamburg Open Online University (HOOU). Die HOOU wird von einem Netzwerk aus den sechs staatlichen Hamburger Hochschulen mit der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, der Senatskanzlei sowie dem Multimedia Kontor Hamburg getragen. Die Idee ist, ein hochschulübergreifenden Online-Lernangebot mit wissenschaftlichem Anspruch für Menschen mit Interesse an akademischer Bildung zu schaffen und so die klassische Präsenzlehre der Hamburger Hochschulen zu bereichern und zu ergänzen.