Fiktiver Fall, echter WettbewerbDeutsche Vorentscheide des Jessup-Moot Courts
14. Februar 2019, von Anna Priebe
Foto: Jessup Moot Court Universität Hamburg
Beim Jessup-Moot Court treten jedes Jahr Studierende der Rechtswissenschaft gegeneinander an und verhandeln einen fiktiven Fall aus dem Völkerrecht. Die Teams kommen von 680 Universitäten aus mehr als 100 Ländern. Der deutsche Vorentscheid findet vom 20. bis 24. Februar 2019 an der Universität Hamburg und der Bucerius Law School statt. Organisatorin Franziska Niehaus erklärt, was Besucherinnen und Besucher erwartet.
Frau Niehaus, was ist eigentlich ein Moot Court und was zeichnet speziell den Jessup-Moot Court aus?
Der Jessup-Moot Court zielt – wie alle Moot Courts – darauf ab, Studierende der Rechtswissenschaft aus der ganzen Welt zusammenzubringen und in ihrer juristischen Praxis zu schulen. Während andere Moot Courts das internationale Privatrecht, das Straf- oder das Staatsrecht zum Thema haben, beschäftigt sich der Jessup speziell mit dem Völkerrecht.
Das bedeutet, es wird ein fiktiver Fall konstruiert, der vor dem Internationalen Gerichtshof spielt: Es gibt zwei fiktive Staaten, die in einen Konflikt geraten.
Wie läuft der Moot Court dann ab?
Jede Universität, die mitmachen möchte, stellt Teams zusammen, die aus fünf Wettbewerbsteilnehmern und ein oder zwei Coaches bestehen. Das sind meist Teilnehmer aus den vorherigen Jahren. Alle Teams behandeln den veröffentlichten Fall und bereiten für beide Seiten – also sowohl für Beklagte als auch für Kläger – erst Schriftsätze vor und tragen dann im mündlichen Verfahren ihre Argumente vor.
Bewertet werden die Auftritte von bis zu neun Richterinnen und Richtern. Bei unseren Vorrunden laden wir dazu Personen ein, die ehrenamtlich an dem Wettbewerb teilnehmen. Das sind zum Beispiel Professorinnen und Professoren aus dem Völkerrecht, Anwältinnen und Anwälte oder Richterinnen und Richter von deutschen und internationalen Gerichten. Die fordern die Teams dann mit ihren Fragen heraus.
In Hamburg finden dieses Jahr die deutschen Vorentscheide statt. Was erwartet die Teilnehmenden?
Die Hauptrunde des Jessup-Moot Court wird von der ILSA ausgerichtet, der International Law Student Association, die einmal im Jahr in Washington D.C. stattfindet. Die Teilnahme ist auch für internationale Teams offen, allerdings ist die Teilnehmerzahl begrenzt. Daher rechnet die ILSA – abhängig davon, wie viele Interessenten es pro Land gibt – aus, wie viele Teams jeweils mitmachen dürfen. Für Deutschland sind das meistens zwei Teams.
In Hamburg treffen sich daher 19 Teams zu den deutschen National Rounds. Auch von uns und der Bucerius Law School ist jeweils eins dabei. Wir führen quasi den Wettbewerb schon mal im Kleinen durch und die zwei besten Teams treten dann im März in Washington gegen die internationale Konkurrenz an.
Können Interessierte der Veranstaltung beiwohnen?
Der Wettbewerb dauert drei Tage. Am Donnerstag und Freitag sind die sogenannten Vorrunden, die hier an der Universität stattfinden und bei denen jedes Team viermal antritt – zweimal auf Kläger- und zweimal auf Beklagtenseite. Am Ende wird nach Punkte entschieden, wer in die nächste Runde vorrückt.
Diese Vortragsrunden sind – genau wie die folgenden Runden am Samstag in der Bucerius Law School – jeweils öffentlich, sodass sich Interessierte in den Zuschauerraum im Rechtshaus setzen und die Plädoyers verfolgen können.
Die Endrunde wird auf Englisch verhandelt. Wie sieht es bei den Vorentscheiden aus?
Der ganze Wettbewerb findet auf Englisch statt, da es ein amerikanischer Wettbewerb ist, der international ausgetragen wird. Das ist für die Studierenden schon eine Sonderherausforderung, weshalb in der Vorbereitung gezielt am Fachvokabular gearbeitet wird.
Für Interessierte würde es sich auf jeden Fall anbieten, sich den Sachverhalt vorher schon einmal anzuschauen. Er ist online verfügbar und hilft sicher dabei, den Verhandlungen besser folgen zu können. Ein Vorwissen in Völkerrecht ist aber nicht notwendig. Es geht eher darum, einen Eindruck von einem Moot Court zu gewinnen und das Endprodukt einer Vorbereitung zu sehen, die immerhin ein ganzes Semester dauert.
Jessup Moot Court
Philip Caryl Jessup (1897–1986) war ein amerikanischer Jurist, der unter anderem als Richter am Internationalen Gerichtshof in Den Haag tätig war. Nach ihm ist die „Philip C. Jessup International Law Moot Court Competition“ benannt, die bereits seit 1960 ausgetragen wird. Im Rahmen des Wettbewerbs werden Fragen des Völkerrechts verhandelt. Das Finale findet in Washington D.C. statt. Das Hamburger Team wird am Institut für Internationale Angelegenheiten, insbesondere von Prof. Dr. Stefan Oeter und Prof. Dr. Markus Kotzur, LL.M. (Duke), betreut.
Weitere Informationen zum Jessup-Moot Court finden Sie hier.