UHH Newsletter

Dezember 2009, Nr. 9

INTERVIEW

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Prof. Dr. Dieter Lenzen, designierter Präsident der Universität Hamburg, Foto: FU Berlin/David Ausserhofer

In­ter­view mit Prof. Dr. Lenzen

Seit dem 11. Dezember ist es offiziell: Prof. Lenzen kommt nach Hamburg. Er hat die Wahl zum Präsidenten der Universität Hamburg angenommen. Im Frühjahr tritt er sein Amt an. Im Interview erklärt er, warum er an die Universität Hamburg wechselt und wie er zu der offenen Baufrage steht und welche Sinnsprüche ihn durchs Jahr geleiten…
Herr Lenzen, vielen Dank, dass Sie Zeit für uns gefunden haben! Eine Frage, die uns alle brennend interessiert, ist: Was hat Sie bewogen, nach 32 Jahren in Berlin nach Hamburg zu wechseln? Was reizt Sie an der Aufgabe an der Universität Hamburg am meisten?

Die Universität Hamburg ist eine Universität, die Forschung und Lehre auf hohem Niveau anbietet, was in Deutschland bedauerlicherweise jedoch nicht immer so gesehen wird. Insofern wird es darauf ankommen, gemeinsam die Universität als das darzustellen, was sie ist, eine forschungs- und lehrintensive Volluniversität. Es gibt eine Menge Herausforderungen, beginnend bei der baulichen Erneuerung bis hin zur Reform der Bologna-Reform. Dazu möchte ich meinen Beitrag leisten.

Wenn Sie im März nach Hamburg kommen – was werden Ihre ersten Schritte sein? Was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Ich beginne bereits jetzt in Einzelgesprächen mit Studierenden, Lehrenden, der Politik und Menschen aus der Stadt die Universität und ihre Umgebung kennenzulernen. Dieses wird sukzessive intensiviert werden, so dass Vorschläge und Ideen auf der Grundlage einer ausreichenden Kenntnis der Universität aufruhen können. Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen, und ich bitte jetzt schon um Verständnis dafür, dass ich die Universität „richtig“ sicher nicht in ein paar Tagen kennen kann.

Im Oktober, als noch keiner ahnte, dass Sie sich um das Amt als Uni-Präsident bewerben, haben Sie anlässlich des Jubiläums der Universität im Hamburger Rathaus eine fast programmatische Festrede gehalten, in der Sie besonders an das Selbstbewusstsein und den Stolz der Universität auf ihre Leistungen appelliert haben. Die Universität Hamburg sei kein „manövrierunfähiges Plattbodenschiff mit Wassereinbruch“, sondern ein moderner Liner, der es auf den Weltmeeren des großen universitären Wettbewerbs noch allen zeigen werde. Wo sehen Sie die besonderen Leistungen und Entwicklungsbereiche der Universität? Wo steuert die Universität unter Ihrer Führung hin?

Um das richtig zu stellen: Ich habe mich nicht um das Amt beworben, sondern die Findungskommission hat mich angesprochen. Auch ich ahnte bei meiner Festrede aus Anlass des Universitätsjubiläums noch nicht, wie die Dinge sich entwickeln könnten.

Aber zu Ihrer Frage: Die besonderen Leistungen und Entwicklungsbereiche sind vielfältig. In den Naturwissenschaften steht auch gerade wieder ausweislich der jüngsten Rankings die Universität gleichauf mit den beiden Spitzenuniversitäten in München. Ähnliches gilt auch für zahlreiche Einzelbereiche, die Geistes- und Sozialwissenschaften, wo vor allen Dingen die Breite des Fächerspektrums auch der kleinen Fächer überzeugend ist.

Ich habe bereits einige interessante Fächer kennengelernt und das wird sich erweitern. Im Grunde muss das alles im Zeitraffertempo gehen. – Das Wort von der „Führung“ löst bei mir Sorge aus. Die Universität ist auf Grund ihrer spezifischen Satzungsstruktur mit sehr starken Fakultäten als Ganze handlungsfähig. Ich sehe mich eher als Moderator, Entwickler von Vorschlägen denn als „Führung“. Das erweckt auch unselige Assoziationen, die zu einer Universität schon gar nicht passen.

In Interviews haben Sie öfters betont, dass exzellente Forschung und Lehre entsprechender räumlicher Rahmenbedingungen bedarf. In Hamburg werden für die Universität verschiedene bauliche Entwicklungsszenarien diskutiert. Was wäre aus Ihrer Sicht eine gute Lösung?

Was die bauliche Lösung betrifft, so habe ich in den ersten Gesprächen mit Vertretern der verschiedenen Parteien zur Kenntnis genommen, dass es sich hier offenbar um ein „vermintes Gelände“ handelt. Es gibt sehr divergente Interessen und Lösungsmodelle. Ich vermute, dass am Ende des Tages alles auf einen Kompromiss hinauslaufen wird, wie es notwendigerweise in der Politik der Fall ist. Meine Aufgabe wird es sein, die für die Universität günstigste Lösung zu vertreten, die von der Mehrzahl der Universitätsmitglieder getragen wird.

Wie haben Sie die Reaktion zu Ihrer Wahl im Akademischen Senat wahrgenommen? Hat Sie der Protest überrascht? Wie gehen Sie damit um?

Es war eine bittere Erfahrung, um eine Kandidatur gebeten zu werden und dann aufgrund von offensichtlichen Missverständnissen hinsichtlich des Anhörungs- und Wahlverfahrens, für das ich nicht verantwortlich bin, auf Protest zu stoßen. Hinzu traten zahlreiche Fehlinformationen und lediglich „netzbasierte“ Einschätzungen, die ich gerne hätte ausräumen wollen.

Um meine Person und meine Ideen für die Zukunft vorzustellen, habe ich mich auch sofort mit einem Brief an die Studierenden gewandt, der den Studierenden und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universität übermittelt wurde. Deswegen bin ich auch dankbar für diesen Online-Newsletter. Es kommt nämlich jetzt darauf an, Tatsachen an die Stelle von Gerüchten zu setzen. Peter Ustinov hat ein schönes Buch über Vorurteile geschrieben. Über die Gefahr, die von ihnen ausgeht. In einer Universität, und sicher auch in der Universität Hamburg, wird so etwas nicht Platz greifen. Denn, ich sagte ja bereits: Dieses ist eine sehr gute akademische Institution.

Im Laufe der letzten Wochen haben wir schon interessante Dinge über Sie erfahren, zum Beispiel dass Sie ein Fan von Sinnsprüchen sind. Haben Sie ein besonderes Motto für die nächste Zukunft?

Die jährlichen „Leitsprüche“ sind natürlich nur halb ernst gemeint, aber so etwas wie kleine Anlässe zum Nachdenken. Der diesjährige hieß: „Indem wir einander dienen, werden wir frei.“ Denjenigen für das nächste Jahr denke ich mir zwischen Weihnachten und Neujahr aus.

Herr Lenzen, vielen Dank für das Gespräch! Wir freuen uns, dass Sie an die Universität Hamburg kommen!


Die Fragen stellten Astrid Dose und Giselind Werner.
 
 
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