Der Hub of Academic Career & Research Culture an der Universität HamburgInnovative Wege für akademische Karrieren
31. Juli 2025, von Newsroom-Redaktion

Foto: UHH
Die Universität Hamburg (UHH) ist in Deutschland eine Vorreiterin für die Gestaltung wissenschaftlicher Karrierewege. Mit der Verabschiedung der „Hamburger Erklärung zu Hochschul-Karrierewegen in der Wissenschaft“ und der Einführung neuer (Tenure-)Stellenprofile für (Senior) Researcher und (Senior) Lecturer setzt die UHH Maßstäbe für eine moderne und zeitgemäße Wissenschaftskultur. Im neugegründeten „Hub of Academic Career & Research Culture (HARC)“ vernetzen wir die Expertise in der UHH und entwickeln eine Plattform, die sich international bestens vernetzen lässt.
Dieses Interview ist Teil des Jahresberichts 2024 der Universität Hamburg. Der ganze Jahresbericht mit vielen Informationen und spannenden Einblicken steht zum direkten Lesen oder zum Download bereit.
Mit dem HARC stärkt die UHH ihre Position als exzellente Forschungseinrichtung sowie attraktive wissenschaftliche Arbeitgeberin und gewinnt zugleich an Profil bei Fördermittelgebern. Vizepräsidentin für Transfer, akademische Karrierewege und Gleichstellung Prof. Dr. Jetta Frost und Dr. Linda Jauch (Leitung HARC) über die Hintergründe und Ziele dieses neuen Hubs.
Was ist der Hub of Academic Career & Research Culture (HARC), und warum wurde er an der Universität Hamburg ins Leben gerufen?
Linda Jauch: Der Hub of Academic Career & Research Culture – kurz HARC – ist an der Universität Hamburg als Plattform und Experimentierraum gegründet, um Karriere- und Wissenschaftskultur an der UHH nachhaltig zu stärken. Wir vernetzen dort die vielfältige Expertise in der Universität zur Frage, wie wir wissenschaftliche Karrierewege und Wissenschaftskultur an der UHH gemeinsam gestalten und leben wollen. Karrierewege und Forschungskultur - Erwartungen, Einstellungen, Verhaltensnormen und Werte unserer Forschungscommunity – gehören zusammen.
Jetta Frost: Die Universität Hamburg beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren mit der Gestaltung von Karrierewegen in der Wissenschaft – z. B. im Rahmen des Tenure-Track-Programms des Bunds und mit unserem Projekt zu akademischen und wissenschaftlichen Karrierewegen, das wir 2022 mit einer großen ProjektWerkstatt gestartet haben. HARC setzt dieses Projekt fort und ist das Ergebnis eines umfangreichen partizipativen Beteiligungsprozesses: gute und verlässliche Beschäftigungsbedingungen, gezielte Förderung qualifizierter Persönlichkeiten in Forschung und Lehre und zeitgemäße Dauerstellen für Daueraufgaben tragen zu exzellenter Forschung bei. Diese Ziel haben wir auch in unserem letzten Exzellenzantrag unter dem Begriff „Hanse-Wissenschaftskarriere“ formuliert. Wir wollen das bisherige Karrieremuster „fördern – qualifizieren – wechseln“ deutlich umfangreicher um die Perspektive „holen – fördern – halten“ erweitern.
Wie fügt sich der Hub strategisch in die Gesamtentwicklung der Universität ein, und welche Bedeutung hat er über Hamburg hinaus?
Jetta Frost: HARC ist ein zentraler Baustein in der langfristigen Strategie der Universität Hamburg, sich als moderne, attraktive und forschungsstarke Universität zu positionieren. Im Fokus steht dabei insbesondere die Förderung von Early Career Researchers sowie die Schaffung verlässlicher Karriereperspektiven. Exzellente Forschung und attraktive Karrierewege in der Wissenschaft gehören zusammen. Dafür müssen wir vernetzter und ganzheitlicher denken. Unser Hub bietet dafür die Möglichkeit. Themen wie Personalentwicklung, Forschungsförderung und Research Assessment, Diversität und Gleichstellung, gesundes Arbeiten denken wir nicht mehr isoliert – sondern im Rahmen einer Gesamtstrategie mit den Fakultäten und zentralen Einrichtungen. Der Hub ist Ausdruck eines Kulturwandels: weg von isolierten Einzelmaßnahmen – hin zu einem systematischen, partizipativen und kommunikativen Ansatz, der auf Zusammenarbeit und Transparenz setzt.
Linda Jauch: Ein gutes Beispiel dafür ist das Open Forum im November 2024, unsere Auftaktveranstaltung für die Gründung des HARC. Über 60 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Verwaltung und Clustern kamen zusammen, um gemeinsam zu diskutieren, wie Karriere- und Wissenschaftskultur zukünftig gestaltet werden können. Das positive Feedback hat gezeigt, wie groß das Interesse an diesem Austausch ist – und wie wichtig es ist, eine gemeinsame Vision zu entwickeln. Auch über Hamburg hinaus ist der HARC ein Vorreiter: Im deutschen Wissenschaftssystem gibt es bislang kaum vergleichbare Initiativen, die das Thema Wissenschaftskultur in seiner gesamten Breite strategisch in den Blick nehmen. Die Universität Hamburg setzt damit ein deutliches Zeichen – auch im internationalen Wettbewerb um die klügsten Köpfe.
Inwiefern unterscheidet sich dieses Konzept von bisherigen Karriereförderungs- und Wissenschaftskultur-Initiativen?
Jetta Frost: Der bisher in der öffentlichen Debatte oft dominierende Fokus auf Befristungszahlen greift zu kurz uns sagt wenig über die Entwicklung von wissenschaftlichen Karrierewegen aus. Wissenschafts- und Forschungskultur spielen im deutschen Wissenschaftssystem bisher kaum eine Rolle oder werden auf Fragen von EDI (Equity, Diversity & Inclusion) reduziert.Wir wollen pro-aktiver denken und wirken: Für uns gilt der Grundsatz „vom Denken in Stellenkategorien und Einzel-Maßnahmen zur aktiven Gestaltung einer ganzheitlichen Karriere- und Wissenschaftskultur“.
Linda Jauch: Am deutlichsten werden die konkreten Maßnahmen sicherlich im Steering Committee, mit dem das HARC Initiativen für eine positive Karriere- und Wissenschaftskultur an der UHH sichtbarer machen, aber auch Grassroot-Initiativen unterstützen und gegebenenfalls skalieren möchte. Die zentrale Strategie zur Förderung der Karriere- und Wissenschaftskultur an der UHH, die im Rahmen des HARC entwickelt wird, wird in Zusammenarbeit mit den zentralen Einrichtungen der Universität umgesetzt. Eine enge Kooperation ist zudem mit dem Beratungszentrum für Gesundheit und Zusammenarbeit, der Geschäftsstelle für Ombudsangelegenheiten und dem Zentrum für Antidiskriminierung geplant. Alle genannten Einrichtungen haben bereits großes Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet. Auch mit den Fakultäten und Exzellenzclustern möchten wir eng kooperieren – wie bereits beim Open Forum sichtbar wurde, etwa durch Beiträge aus der MIN-Fakultät und deren Vertretung im Steering Committee des HARC.
Ein konkretes Beispiel ist die erste Stelle als Research Culture Facilitator. Hier fungiert das HARC als Pilotprojekt, indem aus eingeworbenen Overheadmitteln aus dem Professorinnenprogramm eine Position finanziert wird, die gezielt Aufgaben zur Karriere- und Wissenschaftskultur in der MIN-Fakultät übernimmt – eine Position, die sich die Fakultäten gewünscht haben und die auf ihre Bedarfe zurückgeht. Dazu zählen unter anderem das Scouting von Wissenschaftlerinnen, Supervision sowie die Förderung Guter Wissenschaftlicher Praxis. Die gewonnenen Erkenntnisse werden über das HARC mit Kolleg:innen aus der zentralen Verwaltung rückgekoppelt und aktiv mit anderen Fakultäten geteilt.
Welche Rolle spielen nationale und internationale Kooperationen für den HARC?
Linda Jauch: Kooperationen sind ein zentrales Element des HARC – gerade weil wir als erste Einrichtung dieser Art im deutschen Wissenschaftssystem nicht nur Impulse aufnehmen, sondern diese auch aktiv in die Community zurückspielen möchten. Wissenschaftskultur ist in Deutschland noch ein vergleichsweises neues Thema. Daher richten wir den Blick bewusst über den nationalen Tellerrand hinaus. Ein besonders enger Austausch besteht mit Kolleg:innen in Großbritannien, wo Karriere- und Forschungskultur bereits seit mehreren Jahren intensiv diskutiert und praktisch umgesetzt wird. Dort existieren konkrete Best Practices und erste Indikatoren, an denen wir uns orientieren können.
Ein Beispiel für diese internationale Zusammenarbeit war unser Open Forum, bei dem Liz Simmonds, Head of Research Culture an der University of Cambridge, Einblicke in die Entwicklungen in Großbritannien und die Strategien ihrer Universität gab. Sie gestaltete zudem einen anschließenden Workshop – gemeinsam mit Kolleg:innen aus den zentralen Einrichtungen der UHH, die am HARC beteiligt sind. Unser HARC Advisory Board bringt diese internationalen und nationalen Perspektiven gezielt zusammen. Ziel ist es, voneinander zu lernen. Dem Beirat gehören Vertreter:innen von drei unserer internationalen Partneruniversitäten sowie zwei deutschen Wissenschaftsförderorganisationen an. Einmal im Jahr kommen sie in Hamburg zusammen, um als „Critical Friends“ Impulse zu geben und Empfehlungen zur Weiterentwicklung des HARC sowie der Karriere- und Wissenschaftskultur an der UHH auszusprechen.
Was bedeutet Euch die Arbeit am Hub persönlich, und welche Vision habt Ihr für die Zukunft akademischer Karrieren?
Jetta Frost: Das HARC führt die erfolgreiche Entwicklung der vergangenen Jahre im Bereich Karrierewege fort und fördert eine innovative, laterale Zusammenarbeit. Wir sind die erste deutsche Universität, die ihre Expertise und Netzwerke zu akademischen und wissenschaftlichen Karrierewegen sowie Wissenschaftskultur in einer sichtbaren Plattform bündelt und dort im Sinne eines Experimentierraums gemeinsam weiterentwickelt. Wir stolz auf unsere Vorreiterrolle. Auch national und international bleibt das Thema hochaktuell – etwa in den Debatten um das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, EDI und die Wissenschaftsfreiheit. Mit dem HARC stärken wir nicht nur die UHH, sondern bauen unsere Rolle als Impulsgeberin weiter aus. Wir laden die Mitglieder unserer Universität ein, sich einzubringenden, denn nur gemeinsam können wir unsere Karriere- und Wissenschaftskultur zukunftsfähig gestalten.

