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Willkommen an BordForschung an neuen Wegen zur ArzneistoffentwicklungProf. Dr. Louisa Temme verstärkt die MIN-Fakultät

11. Juli 2023, von Heiko Fuchs

Prof. Dr. Louisa Temme

Foto: privat

Prof. Dr. Louisa Temme

Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor. Dieses Mal: Pharmazeutin und Medizinische Chemikerin Prof. Dr. Louisa Temme. Sie möchte durch systematische Grundlagenforschung die Möglichkeiten zur Arzneistoffentwicklung erweitern.

Prof. Dr. Louisa Temme hat die W1-Professur mit Tenure Track W2 „Pharmazie, insbesondere Medizinische und Pharmazeutische Chemie“ der Universität Hamburg angenommen und arbeitet seit dem 1. Mai am Fachbereich Chemie der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften.

Frau Prof. Temme, worum geht es bei Ihrer Forschung?

Als Pharmazeutin und medizinische Chemikerin liegt mein Fokus auf der Entwicklung von passgenauen niedermolekularen Verbindungen, sogenannten „small molecules“. Mit diesen Substanzen möchten wir die biologischen Prozesse im menschlichen Körper, die bei Infektionen und Krebserkrankungen eine Rolle spielen, besser verstehen und modulieren. Letzteres kann die Basis für die Entwicklung von neuen Arzneistoffen sein. Zum Beispiel möchten wir mit den niedermolekularen Verbindungen biologische Zielstrukturen untersuchen, die bisher wenig erforscht sind.

Was macht diese „small molecules“ für Ihre Forschung so interessant?

„Small molecules“ sind in meinem Fachgebiet durch ihr Molekulargewicht von ungefähr 500 Dalton, das ist eine atomare Masseneinheit, definiert. Ein Dalton entspricht in etwa der Masse eines Wasserstoffatoms. Pharmazeutische Substanzen, die ein Molekulargewicht von weniger als 500 Dalton besitzen, können tendenziell Zellmembranen gut passieren und Zielstrukturen in der Zelle adressieren. Außerdem können häufig verschiedene Arzneiformen (Tablette, Suspensionen zur Inhalation oder Injektion) genutzt werden, um diese Arzneistoffe in Arzneimittel zu verwandeln, was eine größere Flexibilität beim Einsatz in der Klinik ermöglicht.

Und diese „small molecules“ können pharmazeutisch wirksam sein?

Genau. Erst einmal beschäftigen wir uns mit der Grundlagenforschung. Aber wenn wir dann Verbindungen gefunden haben, die den gewünschten biologischen Effekt zeigen, könnten diese natürlich dazu genutzt werden, um zunächst sogenannte „tool compounds“ zu entwickeln – also Verbindungen, die als Werkzeuge dienen können, um biologische Prozesse zu verstehen und zu modulieren– und darauf aufbauend dann Arzneistoffe.

Gegen welche Krankheiten könnten diese zukünftigen Arzneistoffe wirksam sein?

Zum einen erforschen wir biologische Zielstrukturen, die z.B. bei der Entstehung von Krebserkrankungen, wie Prostatakrebs oder Hirntumoren, eine Rolle spielen.  Ein zweiter Augenmerk liegt auf Zielstrukturen, die unter anderem den Eintritt von Viren in die menschliche Zelle ermöglichen. So ist beschrieben, dass z.B. Hepatitis-C-Viren und Ebola-Viren diesen Weg in die Zelle nutzen, und wir arbeiten daran, dies zu verhindern.

Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem Forschungsgebiet?

Es gibt immer noch so viele Erkrankungen, die nicht oder nur schlecht behandelt werden können. Ich möchte mit meiner Forschung dazu beitragen, dass Arzneistoffe schneller gefunden werden und diese Erkrankungen in Zukunft vielleicht therapierbar sind. Dazu ist es notwendig, dass auch sehr wenig erforschte biologische Zielstrukturen für die Entwicklung von Arzneistoffen erschlossen werden und an neuen Methoden geforscht wird, um die Wirkstoffentwicklung zu beschleunigen.

Was benötigen Sie für Ihre Forschung?

Das Wichtigste für meine Forschung sind talentierte, engagierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ohne sie geht nichts. Weiterhin brauchen wir Computerprogramme, die es uns ermöglichen, schneller die chemische Struktur von pharmazeutischen Verbindungen zu entwerfen. Natürlich brauchen wir auch chemische und biologische Labore, um die Verbindungen herzustellen und biologisch zu testen. Letztere sind unsere Hauptforschungstätigkeiten.

Mit welchen speziellen Computerprogrammen arbeiten Sie?

Wir nutzen Molecular-Modeling-Programme, z.B. Docking-Programme, um zu testen, wie eine potenzielle Wirkstoffverbindung in einer sogenannten Bindungstasche eines Proteins liegt und wie sie dort durch Interaktionen mit der Bindungstasche stabilisiert wird. Oder wir gehen den umgekehrten Weg und suchen in Verbindungsbibliotheken nach Stoffen, die gut in die Bindungstasche eines Proteins passen.

Warum haben Sie sich Hamburg und die Universität Hamburg ausgesucht?

An der Universität Hamburg hat mich besonders der Infektionsforschungsschwerpunkt fasziniert. Ich bin begeistert von der Methodenvielfalt am Fachbereich Chemie und von der Möglichkeit, Informationen über Proteinstrukturen und ihre Komplexe mit den „small molecules“ zu erhalten, zum Beispiel durch Kryoelektronenmikroskopie und die Kristallstrukturanalyse mithilfe von Röntgenstrahlung auf dem Campus Bahrenfeld. Ich finde es toll, dass Hamburg so viele unterschiedliche kulturelle Angebote bietet, und ich freue mich auf sportliche Aktivitäten rund um die Alster und an der Elbe.

Mit welchen anderen Einrichtungen und Institutionen möchten Sie in Hamburg zusammenarbeiten?

Ich kann mir besonders gut Kooperationen am Fachbereich Chemie vorstellen, also mit Arbeitsgruppen, die im weitesten Sinne an der Entwicklung von Arzneistoffen beteiligt sind. Des Weiteren würde ich gerne mit strukturbiologischen Forschungsgruppen zusammenarbeiten, um Informationen über die Interaktion der „small molecules“ mit der Proteinzielstruktur zu erhalten. Und natürlich möchte ich auch Kooperationen mit Forschungsgruppen aufbauen, die ebenfalls Computermodelle benutzen, um passgenaue Verbindungen zu finden.

Was planen Sie für Ihre Lehrveranstaltungen?

In meinen Veranstaltungen in der Pharmazie freue ich mich besonders darauf, Studierenden anschaulich zu zeigen, wie chemisches Wissen das Verständnis von Grundlagen und Zusammenhängen in der Pharmazie erleichtert, zum Beispiel der Frage nachzugehen, wie es möglich ist, dass Arzneistoffe sich an Zielproteine im Körper binden. Dazu möchte ich auch gerne interaktive Lehrmethoden nutzen und hoffe insgesamt, bei dem einen oder anderen Studierenden leuchtende Augen erzeugen zu können.

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Verändert am 11. Juli 2023

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