Slavistik-Projekt „Go East – Go West!“Literatur als Brücke zwischen den Kulturen
15. April 2019, von Anna Priebe
Foto: UHH/Ohme
Viele Studierende der Slavistik stammen aus Mittel- und Osteuropa. Das Projekt „Go East – Go West!“ stellt ihre Situation zwischen den Kulturen in den Mittelpunkt – auch durch Betrachtung der Literatur. Projektkoordinatorin Karolina Kaminska und Studentin Anait Muradyan im Interview.
Sie sind beide Teil des Projektes „Go East – Go West! Transnationale und translinguale Identitäten zwischen Deutschland und Mittelosteuropa“. Worum geht es dabei?
Karolina Kaminska: Das Projekt „Go East – Go West!“ will die vielfältigen literarischen Beziehungen zwischen Ost- und Westeuropa untersuchen. Viele unserer Studierenden der Slavistik stammen aus Mittel- und Osteuropa. Wir möchten ihr biografisches Wissen mit wissenschaftlichem und praktischem Wissen verbinden. Ziel des Projekts ist, Wissen und Kompetenzen so zu verknüpfen, dass unsere Studierenden dazu ermutigt werden, über ihre eigene Situation im Kontext der Theorien zu Migration und Mehrsprachigkeit nachzudenken.
Anait Muradyan: Literatur ist dabei ein wichtiger Faktor. Im Projekt haben wir die Möglichkeit, uns mit relevanten Themen aus dem Literaturbetrieb zu beschäftigen – sei es das literarische Übersetzen, die Organisation von Autorenlesungen oder die Online-Redaktion. Die Möglichkeiten sind breit gefächert, weil sich das Projekt ständig weiterentwickelt. „Go East - Go West!“ ist inzwischen ein nicht wegzudenkender Teil unseres Instituts.
Sie waren gerade mit einer Gruppe von Studierenden auf der Leipziger Buchmesse. Was war die Idee dahinter?
Kaminska: Dieses Jahr war Tschechien das Gastland der Leipziger Buchmesse, das passte natürlich super. Grundsätzlich vermitteln wir fachspezifisches Wissen und berufsrelevante Kompetenzen nicht nur in klassischen Seminaren oder Workshops, sondern auch in Form von Projektarbeit. Im vergangenen Wintersemester gab es zum Beispiel eine offene Projektwerkstatt, in der wir uns mit der Frage beschäftigt haben, wie man sich als Geistes- bzw. Literaturwissenschaftlerin – beruflich und persönlich – orientieren kann. Verlage sind ein spannendes Arbeitsfeld und da kam die Idee auf, die Leipziger Buchmesse zu besuchen. Hier kann man einfach am besten Kontakte knüpfen, etwa zu Autorinnen und Autoren, aber auch zu anderen Berufsgruppen.
Was haben Sie an Eindrücken und praktischen Tipps von der Exkursion mitgenommen?
Muradyan: Es war unglaublich spannend und vielfältig. Ich habe nicht erwartet, so viele Eindrücke aus osteuropäischen Ländern, wie denen des Balkans oder sogar aus dem Kaukasus zu sehen. Es hat mir ein erweitertes – vor allem literarisches – Bild Osteuropas gegeben. Die Vernetzung der Länder untereinander, aber auch zum Rest der Welt, ist sehr deutlich geworden. Wir haben mit vielen interessanten Personen gesprochen, auch von anderen Universitäten, und ich habe viel darüber gelernt, wie Literatur dargestellt wird und wie über sie gesprochen werden kann.
Kaminska: Und genau das war das Ziel. Durch den Besuch der Leipziger Buchmesse haben unsere Studierenden einen breiten Einblick in den Literaturbetrieb gewinnen können. Es war schön zu sehen, wie sie vor Ort immer wieder erleben konnten, dass ihr Studium der Slavistik und der Osteuropastudien kein Nischenfach ist. Im Gegenteil: Die sozio-politische Entwicklung von Deutschlands östlichen Nachbarn sind Themen, die in der Verlagswelt auf große Resonanz stoßen. Die Studierenden konnten sich auch über Fördermöglichkeiten oder berufliche Verbände informieren und direkten Kontakt zu Verlagen knüpfen.
Wird es weitere Exkursionen wie diese geben?
Muradyan: Unser Projekt lebt durch die Vielfalt. Genauso wie wir Studierenden durch unsere Herkunft sehr divers sind, sind es die Möglichkeiten, die wir haben. Als nächstes steht eine Exkursion nach Warschau an, um die wir uns ebenfalls mitgekümmert haben.
Kaminska: In Kooperation mit dem Goethe-Institut Warschau wird es dort eine Autorenlesung mit Olga Tokarczuk geben, der Preisträgerin des International Man Booker Prize 2018.
Muradyan: Zur Vorbereitung werden wir uns in einem Projektseminar intensiv mit den Texten der Autorin auseinandersetzen. Die Aufregung und das Interesse der Studierenden sind groß. Ich freue mich schon sehr auf diese Erfahrung.
„Go East – Go West! Transnationale und translinguale Identitäten zwischen Deutschland und Mittelosteuropa“
Im Projekt „Go East – Go West!“ haben die Studierenden die Möglichkeit, sich mit ihrer eigenen transnationalen Identität auseinanderzusetzen und betrachten dafür in verschiedenen Lehrformaten vor allem literatur- und kulturwissenschaftliche Fragestellungen. Das von Prof. Dr. Anja Tippner betreute Projekt wurde 2015 am Institut für Slavistik gestartet und wird von der Claussen-Simon-Stiftung gefördert. 2015 gewann es den „Claussen-Simon-Wettbewerb für Hochschulen“ der Stiftung. Weitere Informationen zum Projekt und Berichte der Studierenden von der Leipziger Buchmesse gibt es hier.