UHH Newsletter

Oktober 2012, Nr. 43

FORSCHUNG

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Startschuss für gemeinsames Lernen: Seit vier Jahren gibt es in Berlin Gemeinschaftsschulen. Das Schulklima bewerten Schülerinnen und Schüler positiv. Foto: Heinrich-von-Stephan Schule, Berlin.



Kontakt:

Prof. Dr. Johannes Bastian
Fachbereich Erziehungswissenschaft 2:
Schulpädagogik und Schulforschung
t. 040.42838-6276
e. bastian-at-uni-hamburg.de

Dr. Julia Hellmer
Fachbereich Erziehungswissenschaft 2:
Schulpädagogik und Schulforschung
t. 040.42838-7513
e. Julia.Hellmer-at-uni-hamburg.de

Die gesamte Studie finden Sie hier (PDF).

Hamburger Studie zu Gemeinschaftsschulen: Größere Fortschritte durch gemeinsames Lernen

Vor vier Jahren startete der Berliner Senat das Pilotprojekt „Gemeinschaftsschule Berlin“, das ein längeres gemeinsames und individuelles Lernen von der ersten Klasse bis zum Abitur vorsieht. Aber welche Vor- oder Nachteile ergeben sich gegenüber den Regelschulen? Das resümieren Hamburger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Arbeitsstelle für Schulentwicklung in einer aktuellen Studie: Demnach verbesserten sich in den Gemeinschaftsschulen das individuelle Lernen und die Lernfortschritte insbesondere im Fach Deutsch, auch das Schulklima wird durchweg positiv bewertet und der Bildungserfolg hängt deutlich weniger von der sozialen Lage der Familien ab.
21 Berliner Schulen haben seit dem Schuljahr 2008/09 auf die gemeinsame Schulform umgestellt. 14 von ihnen nahmen an der wissenschaftlichen Begleitstudie teil, die von der Arbeitsstelle für Schulentwicklung und Schulentwicklungsforschung an der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg, vom Rambøll Management Consulting und dem Hamburger Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung durchgeführt wurde. Sie untersuchten die Bereiche Unterricht und Lernen, Organisations- und Personalentwicklung, Schulklima und Partizipation sowie Schulwahl und Elternbeteiligung und stellten die Ergebnisse am 29. August 2012 in Berlin vor.

Grundlagen für Individualisierung geschaffen

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Studie kommen nach vier Schulversuchsjahren zu dem Schluss, dass die Berliner Gemeinschaftsschulen wichtige Schritte auf dem Weg zu einer konsequenten Individualisierung der Lernprozesse in heterogenen Gruppen vollzogen haben. Die Ergebnisse belegen, dass die Gemeinschaftsschulen auf ein breiteres Spektrum verschiedener Unterrichtsmethoden zurückgreifen. Schülerinnen und Schüler verbesserten während des Beobachtungszeitraums ihre Kompetenz, die Lernprozesse eigenständig zu planen und zu strukturieren.

Das Schulklima bewerteten sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Lehrkräfte positiv und die große Mehrheit der Eltern würde sich rückblickend erneut für die gewählte Gemeinschaftsschule entscheiden. Weiterer Entwicklungsbedarf lässt sich an etlichen Schulen jedoch im Bereich der Mitwirkung der Eltern an der Schul- und Unterrichtsentwicklung erkennen.

Besser in Deutsch, schlechter in Naturwissenschaft

Der Lernerfolg an Gemeinschaftsschulen wurde mit vorliegenden Daten von Hamburger Schulen des gegliederten Systems verglichen, deren Lernausgangslage und soziodemografische Zusammensetzung den Berliner Gemeinschaftschulen entsprechen. Die Studie zeigt, dass es den Gemeinschaftsschulen besser gelingt, die Lernfortschritte der Schülerinnen und Schüler von der sozialen Lage ihrer Familien zu entkoppeln.

Die Ergebnisse belegen einen deutlich höheren Lernfortschritt bei den Deutschkenntnissen im zweijährigen Beobachtungszeitraum zwischen Jahrgangsstufe 7 und 9. Hinzu kommt, dass sich dieser Fördererfolg – anders als in den Hamburger Vergleichsschulen – auf alle Leistungsgruppen erstreckt, sodass die Leistungsspitze vergrößert und die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Lernrückständen verringert werden konnte.

In den Kompetenzbereichen Englisch und Mathematik erzielten die Berliner Gemeinschaftsschulen im Vergleich mit den Hamburger Schulen annähernd gleich hohe Lernfortschritte. In den Naturwissenschaften trifft dies ebenfalls auf die Gemeinschaftsschulen in eher schlechter sozialer Lage zu, allerdings blieben die Lernfortschritte in den Gemeinschaftsschulen mit mittlerem und besserem sozialem Umfeld in diesem Kompetenzbereich hinter den Hamburger Vergleichsschulen zurück.

Wissenschaftliche Begleitung fortführen

Mit dem Hamburger Bericht legen die Erziehungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der Universität Hamburg einen Leitfaden vor, der interessierten Schulen Anregungen für die Praxis bietet. Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts „Gemeinschaftsschule Berlin“ wird fortgeführt. Die Folgestudie wird sich vorrangig den Schwerpunkten Unterricht und Lernen sowie den Schülerlaufbahnen widmen.

Red.
 
 
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