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Januar 2016, Nr. 81

FORSCHUNG


Kontakt:

Prof. Dr. Jutta Schneider
Universität Hamburg

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e. jutta.schneider"AT"uni-hamburg.de


Prof. Dr. Gabriele Uhl
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t. 03834.86-4239
e. gabriele.uhl"AT"uni-greifswald.de

Die Paarung bei Wespenspinnen ( Argiope bruennichi ) ist für das Männchen (r.) in der Regel lebensgefährlich. Während der Häutung des Weibchens (l.) verbessern sich die Überlebenschancen. Foto: Gabriele Uhl

Die Paarung bei Wespenspinnen (Argiope bruennichi) ist für das Männchen (r.) in der Regel lebensgefährlich. Während der Häutung des Weibchens (l.) verbessern sich die Überlebenschancen. Foto: Gabriele Uhl

Verhaltensforschung: Wie Spinnenmänner dem Kannibalismus nach der Paarung entkommen können

Bei diversen Spinnenarten frisst das Weibchen das Männchen im Rahmen der Paarung. Dies stellt naturgemäß einen massiven Konflikt zwischen den Geschlechtern dar, denn die Männchen werden ihrer zukünftigen Fortpflanzungschancen beraubt. Welche Möglichkeiten in der Evolution entstanden sind, um Sexualkannibalismus zu entgehen, haben Forscherinnen der Universitäten Hamburg und Greifswald untersucht. Ihre Ergebnisse sind jetzt in der internationalen Fachzeitschrift „Scientific Reports“ erschienen.

Ein Wespenspinnenmännchen kann sich in seinem Leben maximal zwei Mal paaren und versucht daher, das Gefressenwerden nach dem ersten Geschlechtsakt zu vermeiden, um eine weitere Chance auf eine Paarung zu haben. Die beiden Zoologinnen Prof. Dr. Jutta Schneider (Hamburg) und Prof. Dr. Gabriele Uhl (Greifswald) sowie ihre Mitarbeiter haben untersucht, ob es für das Männchen von Vorteil ist, sich mit dem Weibchen zu paaren während es wehrlos ist, etwa in der Phase der Häutung, wenn die Körperhülle der weiblichen Spinne weich ist.

Bessere Überlebenschancen während der Häutung des Weibchens

Bei der Wespenspinne (Argiope bruennichi) zeigte sich sowohl im Freiland als auch im Labor, dass die Verpaarung mit noch weichen Weibchen für die Männchen tatsächlich vollkommen risikofrei ist: Alle Männchen überlebten.

Mehr noch, auch diese Männchen können, wie bei den Verpaarungen mit ausgehärteten Weibchen üblich, ihre Genitalstrukturen im Weibchen zurücklassen, um dadurch je einen von zwei Paarungsgängen des Weibchens für Nachfolger zu verstopfen. Durch die Paarung mit noch weichen Weibchen können die Männchen die maximale Anzahl von zwei Paarungen erreichen, während sie bei ausgehärteten Weibchen mit einer Wahrscheinlichkeit von 80% schon bei der ersten Paarung gefressen werden.

Vor- und Nachteile von Paarungsstrategien

Wenn also die Paarung mit weichen Weibchen so sicher für Männchen ist, stellte sich die Frage, warum nur bei 44% aller Weibchen der Freilandstudie eine weiche Verpaarung stattfand. Den Hauptgrund hierfür liefern die Weibchen selbst: Nur voll ausgehärtete Weibchen signalisieren ihre Anwesenheit und Paarungsbereitschaft durch die Produktion und Abgabe eines spezifischen Duftstoffes, den Männchen aus der Ferne wahrnehmen können. Weibchen, die sich häuten, produzieren keine solchen Duftstoffe.

Männchen, die auf der Suche nach Weibchen durch die Wiese streifen, haben daher zwei Möglichkeiten: Entweder treffen sie zufällig auf ein noch nicht erwachsenes Weibchen und warten unvorhersehbar lange in seiner Nähe, bis es sich häutet, oder sie suchen gezielt ein signalisierendes Weibchen auf.

Beide Strategien der Männchen haben Nachteile: Die Wartezeiten bis zur Häutung der Weibchen bei den weichen Paarungen führen dazu, dass andere Paarungschancen verpasst werden. Der andere Nachteil ist die hohe Wahrscheinlichkeit, bei Verpaarungen mit ausgehärteten Weibchen frühzeitig gefressen zu werden. Da Kosten und Nutzen von beiden Verhaltensweisen aufgezeigt werden konnten, wird verständlich, warum sie in einer Population gleichzeitig vorkommen.

PM/Red.
 
 
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