UHH Newsletter

März 2010, Nr. 12

CAMPUS

/onTEAM/newsletter/images/medi101268660878.jpg
Collage: mit freundlicher Genehmigung von Dmitri Broido



Kontakt:

Jun.-Prof. Sabine Trepte

Von-Melle-Park 5
20146 Hamburg

t. 040 / 42838-2714
od. 040 / 413 468-26
e. sabine.trepte-at-uni-hamburg.de

Privatsphäre im Internet? Zu Risiken des Social Web forscht das „Young Scholars‘ Network on Privacy & Web 2.0“

Mit wachsendem Erfolg des Web 2.0, des „Mitmach-Netzes“, hat sich das Verhalten vieler Internetnutzer stark gewandelt. Gerade Einblicke ins Private, den eigenen Alltag und den Freundeskreis machen den Hauptteil der Inhalte und den besonderen voyeuristischen Reiz des Social Web aus. Doch das Preisgeben privater Daten kann auch ein Risiko für die Internetnutzer darstellen, das in seiner Langzeitwirkung oft unterschätzt wird. Experten und Expertinnen der Universitäten Harvard, Hongkong, Michigan State, Amsterdam, Bath und von sechs deutschen Universitäten trafen nun in Hamburg zusammen und diskutierten den Umgang mit privaten Daten im Internet.
Es war die erste Tagung des „Young Scholars‘ Network on Privacy & Web 2.0“, die am 8. und 9. März in der Hamburg Media School stattfand. Das DFG-geförderte Netzwerk aus 15 internationalen Forscherinnen und Forschern diskutierte unter der Leitung von Juniorprofessorin Sabine Trepte und Dipl.-Psych. Leonard Reinecke vom Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg aktuelle Trends und Entwicklungen der Privatsphäre im Internet.

Das Netzwerk untersucht typische Phänomene des Web 2.0 und ihre Auswirkungen auf den Datenschutz und die Privatsphäre des Einzelnen. Der besondere Anspruch dabei: Das Web 2.0 in seinen internationalen Ausprägungen zu verstehen und zu analysieren.

Die Ansätze der Forscher/innen sind dabei ganz verschieden. Das Thema wird aus psychologischer, soziologischer, kommunikationswissenschaftlicher sowie journalismustheoretischer Perspektive beleuchtet.

Als Grundlage für weitere Forschungsvorhaben wurde zunächst ein systematischer Überblick darüber geschaffen, mit welchen theoretischen und methodischen Ansätzen in den verschiedenen Ländern gearbeitet wird. Die Tagung förderte bereits interessante Ergebnisse zutage, darüber hinaus kristallisiert sich der Forschungsbedarf für die nächsten Jahre heraus.

In seiner Keynote wies Prof. Joseph Walther (Michigan State University) darauf hin, dass die Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook oder StudiVZ einem „Privacy Paradox“ unterliegt. Auf der einen Seite wissen die User theoretisch sehr gut über die Möglichkeiten Bescheid, ihre Privatsphäre zu schützen, auf der anderen Seite kümmern sie sich praktisch nicht darum, sondern teilen Fremden unbesorgt private Informationen über die eigene Person und über Dritte mit. Die User erleben die Plattformen als „privaten Raum“ und nicht als das Massenmedium, das es ist.

Es wurde auch mit einigen Klischees der Online-Forschung aufgeräumt. So zeigte Kevin Lewis, Doktorand an der Harvard University, anhand eines Netzwerkmodells, dass langjährige User versierter mit dem Thema Privacy umgehen und nicht – wie in der Öffentlichkeit häufig angenommen – mit der Sozialisation in sozialen Netzwerken zunehmend unvorsichtig und freigiebig werden.

Prof. Dr. Jochen Peter (Universität Amsterdam) zeigte, dass Jugendliche – auch „Digital Natives“ genannt – zuweilen zurückhaltender sind und absichtsvoller ihre Privatsphäre schützen als Erwachsene. Ein „riskantes“ Online-Verhalten konnte er in verschiedenen Längsschnittstudien vor allem bei Erwachsenen feststellen.

Privatsphäre wird offensichtlich international sehr unterschiedlich gehandhabt. So wies beispielsweise Prof. Mike Yao (Universität Hongkong) darauf hin, dass in westlichen Kulturen die individuelle Regulierung der Privatsphäre im eigenen Profil von höherer Wichtigkeit für die User ist als in Asien. Was in westlichen Kulturen als private Information eingestuft wird, werde in Asien als unbedenklich und wenig intim wahrgenommen. Eine international vergleichende Studie liegt allerdings noch nicht vor.

„Bemerkenswert waren die Erkenntnisse zu den nationalen Besonderheiten in Bezug auf Privatheit im Internet. Klar geworden ist, dass wir dringend kulturvergleichende Daten benötigen, um das globale Phänomen der sozialen Netzwerke zu verstehen, und ich freue mich, dass wir nächstes Jahr mit allen Netzwerkteilnehmern eine solche Studie durchführen werden“, so Sabine Trepte, Leiterin des Netzwerks.

Das internationale Netzwerk wird seit Januar 2010 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und ermöglicht den direkten wissenschaftlichen Austausch zwischen internationalen Nachwuchsforscherinnen und -forschern auf dem Gebiet der Privatsphäre im Internet. Gerade aufgrund der Globalität des Internets und der weltweiten Vernetzung verlangt das Thema „Privatsphäre im Web 2.0“ nach einer internationalen Behandlung und Erforschung.


Weitere Informationen zum „Young Scholars‘ Network on Privacy & Web 2.0“ unter: www.uni-hamburg.de/fachbereiche-einrichtungen/medienpsychologie/dfg_network_privacy_and_web_2_0.html
Wiebke Maaß/Red.
 
 
Home | Impressum | Kontakt