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April 2009, Nr. 1

CAMPUS

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Bettina Andresen, 28, Junior-Controllerin OTTO Group

Interview mit Bettina Andresen

Frau Andresen, auch Ihnen einen herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Preis! Wissen Sie schon, was Sie mit dem Preisgeld anfangen werden?

Vielen Dank für die Glückwünsche! Das Preisgeld ist eine willkommene Aufbesserung meiner Urlaubskasse für meine lange geplante Reise nach Südfrankreich im April.

Mit dem Preis ist Ihre Diplomarbeit ausgezeichnet worden, die an der Universität Hamburg von Prof. Brüggemann vom Institut für Unternehmensforschung betreut wurde. Wer hat Ihre Arbeit der Forschungsgemeinschaft für Logistik (FGL), die den Preis vergibt, vorgeschlagen?

Der Vorschlag, meine Diplomarbeit bei der FGL einzureichen, kam direkt von dem Lehrstuhl, an dem ich meine Diplomarbeit geschrieben habe. Prof. Brüggemann fragte mich, ob ich Interesse daran hätte, die Arbeit einzureichen. Nach kurzer Rücksprache mit OTTO habe ich mit Freude zugesagt.

Können Sie kurz sagen, worum es in Ihrer Arbeit geht?

Ich habe mich in meiner Diplomarbeit mit der Steuerung von Lagerbeständen zwischen mehreren Standorten beschäftigt. Wenn nicht alle von einem Kunden bestellten Waren an einem Standort vorrätig sind, entstehen dem Unternehmen Zusatzkosten, entweder durch Zusammenführung der Artikel vor der Verpackung oder durch Versendung mehrerer Pakete zum Kunden. Hierzu habe ich im ersten Schritt eine Potentialanalyse für mögliche Verbesserungsansätze durchgeführt. Darauf aufbauend habe ich theoretische Modelle entwickelt, die die Logistikprozesse möglichst realistisch abbilden und mit denen die Lagerbestände optimal zwischen den Standorten verteilt werden können, um die Gesamtkosten für die Belieferung der Kunden zu minimieren.

Wie sind Sie an das Thema gekommen?

Ich hatte den Wunsch, ein Diplomarbeitsthema bei OTTO zu finden, wo ich zu diesem Zeitpunkt bereits als Werkstudentin im Unternehmenscontrolling tätig war. Leider gab es in dieser Abteilung kein geeignetes Thema, das in die mathematische Richtung ging. Durch meine Mitarbeit in einem großen und abteilungsübergreifenden Projekt zur Einführung von SAP im Rechnungswesen lernte ich jedoch auch viele Kollegen aus anderen Bereichen kennen, bei denen ich meinen Wunsch äußern konnte. Besonders interessiert war ich daran, mehr über die Logistikprozesse von OTTO zu erfahren. Hierdurch ist der Kontakt zur Konzernlogistik zustande gekommen, wo es ein offenes Thema gab, das ich nach einigen Vorgesprächen, sowohl mit der Uni als auch mit den Kollegen vor Ort, dann als Diplomarbeitsthema bearbeiten durfte.

Und wie sind Sie Werkstudentin bei OTTO geworden?

Nach dem 6. Semester habe ich ein Urlaubssemester eingelegt, um ein wenig Praxisluft zu schnuppern (im Studiengang Wirtschaftsmathematik gibt es kein Pflichtpraktikum). Als Praktikantin im Unternehmenscontrolling des OTTO Versandes wurde ich in dem bereits erwähnten Projekt zur SAP-Einführung eingesetzt und bekam nach Ablauf der vereinbarten fünf Monate das Angebot, neben dem Studium als Werkstudentin weiter im Team mitzuarbeiten. Gerade in Projekten kann man sich auch als Neuling sehr schnell konstruktiv einbringen, was mir viel Spaß gemacht hat. Zudem konnte ich so mein restliches Studium finanzieren.

Wie sah Ihre Arbeits- und Studienwoche genau aus?

Mein Vertrag umfasste 20 Arbeitsstunden pro Woche, die ich in Absprache mit der Abteilung ziemlich flexibel einteilen konnte, je nach Semesterstundenplan. Meist war ich zwei ganze Tage und einen halben Tag dort. Der Werkstudentenjob lief auch während der Zeit meiner Diplomarbeit weiter, in diesen Monaten habe ich zusätzlich Zeit in der Logistik verbracht, um dort Daten für meine Diplomarbeit auszuwerten, mich über die Abläufe zu informieren und Rücksprache mit meinem Betreuer zu halten.

Können Sie dieses Modell anderen Studierenden empfehlen? Welche Vor-, aber auch Nachteile sehen Sie?

Ich kann es nur jedem empfehlen, bereits während des Studiums Erfahrungen in der Wirtschaft zu sammeln. Hieraus können sich interessante Kontakte ergeben, und es verbessern sich grundsätzlich die Chancen beim späteren Berufseinstieg. Zudem macht ein Werkstudentenjob finanziell unabhängig.

Allerdings kann es, wenn Seminare, Hausarbeiten und Prüfungen anliegen, auch mal stressig werden. Und man sollte einkalkulieren, dass man wie ein Vollzeit-Arbeitnehmer nur wenige Wochen Urlaub im Jahr hat.

Was interessiert Sie besonders an der Logistik?

Spannend an der Logistik ist für mich das Zusammenspiel verschiedener sehr komplexer Prozesse, die dafür sorgen, dass jedes Stück sicher sein Ziel erreicht. Mich interessiert es, wie die so einfach klingende Kernaufgabe der Logistik, die richtigen Waren zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge und der richtigen Qualität am richtigen Ort bereitzustellen, in der Praxis tatsächlich umgesetzt wird.

Und wie kam es dazu, dass Sie an der Universität Hamburg Wirtschaftsmathematik studierten?

Im Vordergrund stand der Wunsch, Mathematik zu studieren, den Bezug zu wirtschaftlichen Themen habe ich durch meine zuvor absolvierte Bankausbildung entwickelt. So bot sich der Studiengang Wirtschaftsmathematik als optimale Kombination an. Hamburg habe ich wegen der Nähe zu meinem Heimatort Lüneburg gewählt.

Wo sind Sie jetzt beschäftigt? Konnten Sie die Erkenntnisse Ihrer Arbeit direkt im Unternehmen umsetzen?

Im Anschluss an meinen Werkstudentenvertrag bot sich mir die Chance, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden. Seit Oktober vergangenen Jahres arbeite ich nun als Junior-Controllerin im Unternehmenscontrolling des OTTO Versandes, also in einem anderen Bereich als dem, in dem ich meine Diplomarbeit geschrieben habe.

In der Logistik selbst sind in nächster Zeit umfassende Umstrukturierungen der Lagerstruktur geplant, so dass die Optimierung der Bestandsverteilung zwischen verschiedenen Standorten erst einmal zurückgestellt wurde. Um die Erkenntnisse meiner Diplomarbeit umzusetzen, wären darüber hinaus weitere Untersuchungen notwendig, da der Umfang der Arbeit eine vollständige Bearbeitung der Problematik nicht zuließ. Inwieweit meine Diplomarbeit in Zukunft wieder relevant werden könnte, kann ich heute nicht abschätzen.

Haben Sie weiterhin Kontakt zur Uni, wollen Sie weiter wissenschaftlich arbeiten? Worauf konzentrieren Sie sich jetzt?

Derzeit habe ich keinen Kontakt mehr zur Uni, sondern konzentriere mich auf meine berufliche Entwicklung. Ich gehe derzeit auch nicht davon aus, dass ich noch einmal in die rein wissenschaftliche Arbeit zurückkehre. Mir macht es Spaß, an der Umsetzung in der Praxis mitzuarbeiten und auf diese Art zu erfahren, welche Bedeutung die wissenschaftliche Forschung für die Wirtschaft hat.

Dann darf ich Ihnen nochmals gratulieren und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg!



 
 
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