UHH Newsletter

April 2017, Nr. 95

FORSCHUNG



Kontakt:

Prof. Dr. Jürgen Zimmerer
Historisches Seminar

t. 040.42838-4841
e. juergen.zimmerer"AT"uni-hamburg.de

Sara Capdeville, Ndzodo Awono und Christian Jarling (von links nach rechts) werden in den kommenden vier Jahren die koloniale Sammlung des Übersee-Museums Bremen erforschen. Foto: Übersee-Museum Bremen, Matthias Haase

Sara Capdeville, Ndzodo Awono und Christian Jarling (von links nach rechts) werden in den kommenden vier Jahren die koloniale Sammlung des Übersee-Museums Bremen erforschen. Foto: Übersee-Museum Bremen, Matthias Haase

Koloniale Spurensuche: Gemeinsame Provenienzforschung der Universität Hamburg und des Übersee-Museums Bremen

Ein verzierter Hocker aus Kamerun oder eine Halskette der Herero aus Namibia: Objekte wie diese gelangten während der deutschen Kolonialzeit in die Sammlungen des Übersee-Museums Bremen. In dem Forschungsprojekt „Koloniale Spuren im Übersee-Museum Bremen. Afrika-Sammlungen als Gegenstand der Provenienzforschung“ der Universität Hamburg und des Übersee-Museums Bremen untersuchen ab sofort drei Doktorandinnen und Doktoranden von Prof. Dr. Jürgen Zimmerer am Historischen Seminar der Universität Hamburg die Herkunft und Geschichte der Sammlungen aus Kamerun, dem ehemaligen Deutsch-Ostafrika sowie dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika.

Mit der Kombination aus musealer Objekt-, historischer Provenienz- sowie Feldforschung in den Ursprungsländern betritt das internationale Team Neuland in der Erforschung kolonialer Sammlungsgeschichte. So soll gleichermaßen Klarheit über die Objektgeschichte und den Sammlungserwerb erlangt werden. Ein Viertel der rund 20.000 Objekte umfassenden Afrika-Sammlung im Übersee-Museum wurde zwischen 1884 und 1918 in den damaligen deutschen Kolonien gesammelt und gelangte zum Teil in den 1930er-Jahren durch Kauf von Ethnografica-Händlern in das Museum. Informationen zum Sammlungserwerb und die wissenschaftliche Einordnung der Objekte sind größtenteils unzureichend dokumentiert.

Geschichte des kolonialen Sammelns aufarbeiten

Das auf vier Jahre angelegten Projekt wird von der Volkswagenstiftung im Rahmen der Initiative „Forschung in Museen“ mit 450.000 Euro gefördert. Wissenschaftliche Leiter des Forschungsprojekts sind Prof. Dr. Jürgen Zimmerer, Arbeitsbereich Globalgeschichte der Universität Hamburg, und Prof. Dr. Wiebke Ahrndt, Direktorin des Übersee-Museums Bremen.

Die Doktorandinnen und Doktoranden Ndzodo Awono, Sara Capdeville und Christian Jarling leisten mit ihrer Erforschung der Sammlungen aus Kamerun, dem ehemaligen Deutsch-Ostafrika (Tansania, Ruanda, Burundi) und dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika (Namibia) Pionierarbeit in der Geschichtsforschung des kolonialen Sammelns. „Die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte nimmt in Deutschland allmählich Fahrt auf. Eine schmerzliche Leerstelle bildet dabei das koloniale Sammeln. Diese zu schließen hat grundsätzliche Auswirkungen auf unser Verständnis darüber, was Kolonialismus bedeutet und wie wir mit seinem Erbe umgehen“, erklärt Prof. Dr. Jürgen Zimmerer den innovativen Ansatz des Forschungsprojektes.

Enge Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern

Die nun gestartete Untersuchung prüft, wie Sammler die Gegenstände zusammengetragen haben und welche Handlungsspielräume dabei die Vertreter der Herkunftsgesellschaften hatten. Dazu werden Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in den jeweiligen Herkunftsländern, wie Museen und Repräsentanten der Communities, einbezogen. So werden Fragen der Entstehungszusammenhänge, der materiellen Aneignung deutscher Kolonien und der Recht- oder Unrechtmäßigkeit kolonialzeitlicher Sammlungen unter Berücksichtigung ethischer Grundsätze beantwortet.

„Warum bestimmte afrikanische Kulturschätze in europäischen Museen bewahrt werden, ist aus der Sicht der Herkunftsgesellschaften ein wichtiger Teil des kulturellen Gedächtnisses. Gleichzeitig ist das in der Hochphase der deutschen Kolonialzeit gegründete Übersee-Museum Bremen an der Beantwortung der offenen Fragen zur Erwerbs-, Sammlungs- und Institutionsgeschichte interessiert“, ergänzt Prof. Dr. Wiebke Ahrndt.

PM/Red.
 
 
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