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März 2011, Nr. 24

CAMPUS

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Professorin Anke Grotlüschen ist Expertin für Literalitätsforschung, Foto: Asmus Henkel.



Kontakt:

Prof. Dr. Anke Grotlüschen
Fachbereich 3: Berufliche Bildung und Lebenslanges Lernen
Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft

t. 040.42838-3761
e. anke.grotlueschen-at-uni-hamburg.de

leo.-Blog

Studie: 14 Prozent von funktionalem Analphabetismus betroffen

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts „leo. – Level-One Studie“ unter Leitung der Erziehungswissenschaftlerin Professorin Anke Grotlüschen an der Universität Hamburg haben bundesweit Aufmerksamkeit erregt. Demnach können gut 14 Prozent der Erwerbstätigen (18 bis 64 Jahre) in Deutschland nur einzelne Sätze lesen und schreiben. Selbst kurze Texte verstehen sie nicht.
Die Studie wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erstellt. Ausgangspunkt war die Frage, wie gut die erwachsene deutsch sprechende Bevölkerung tatsächlich liest und schreibt.

Fast doppelt so viele Betroffene wie geschätzt

Mehr als vierzehn Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung sind sogenannte funktionale Analphabeten und Analphabetinnen – das entspricht 7,5 Millionen Deutschen. Die Ergebnisse liegen weit über dem Schätzwert von etwa vier Millionen. Die Personen können einzelne Sätze lesen oder schreiben. Kurze Texte bewältigen sie aber nicht, was negative Auswirkungen auf ihre Teilhabe am sozialen Leben hat. Mit einem Anteil von rund 60 Prozent sind deutlich mehr Männer als Frauen betroffen. Für die Forschenden besonders überraschend: Mehr als ein Zehntel der funktionalen Analphabeten und Analphabetinnen verfügt über höhere Bildung, wie z. B. ein Studium.

Erstmals belastbare Zahlen

Unter der wissenschaftlichen Leitung von Professorin Anke Grotlüschen am Fachbereich Erziehungswissenschaft 3, Berufliche Bildung und Lebenslanges Lernen, wurden auch Zahlen zu Analphabetismus im engeren Sinne erhoben. Der Studie zufolge betrifft das mehr als vier Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung. Betroffene lesen und schreiben einzelne Wörter, nicht jedoch ganze Sätze. Professorin Grotlüschen zur Studie: „Deutschland bedarf seit langem einer verbesserten Forschungsdatenlage über das unterste Kompetenzniveau des Lesens und Schreibens. Wir haben mit diesem Projekt zum ersten Mal belastbare Zahlen über den Analphabetismus in Deutschland vorgelegt."

Kann man Lesen verlernen?

Weitere 25 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung, mehr als 13 Millionen Deutsche, lesen und schreiben Texte nur langsam und fehlerhaft. Typisch für Betroffene ist, dass sie das Lesen und Schreiben aus diesem Grund vermeiden. Dieses Phänomen wirft die Frage auf, ob Literalität, also Lese- und Schreibkompetenz, auch wieder verlernt werden kann. Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Annette Schavan, sagte zur Präsentation des Forschungsberichts in Berlin am 28. Februar: „Wir müssen uns stärker als bisher auf die Frage konzentrieren: Wie verhindern wir, dass Techniken und Kenntnisse, die bereits erworben wurden, wieder verloren gehen?" Sie versprach Fördermittel für Programme, welche die Sensibilität für Lese- und Schreibschwierigkeiten nicht nur wie bisher in Schulen, sondern auch am Arbeitsplatz schärfen.

Verbund mit HU Berlin und TNS-Infratest

Für die repräsentative Studie, an der auch die Humboldt-Universität Berlin und TNS-Infratest Sozialforschung beteiligt waren, wurden mehr als 8.000 Personen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren befragt. Durchgeführt wurde sie 2010 als Ergänzung zur EU-Statistik über Erwachsenenbildung (Adult Education Survey, kurz: AES).
PM/Red.
 
 
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