UHH Newsletter

November 2016, Nr. 90

FORSCHUNG



Kontakt:

Prof. Dr. Grischa Perino
Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Fachbereich Sozialökonomie


t. 040.42838-8767
e. grischa.perino"AT"wiso.uni-hamburg.de

Die EU will mit neuen Maßnahmen beim Emissionshandel den Klimawandel bekämpfen. Eine Studie der Universität Hamburg zeigt, dass diese Maßnahmen kontraproduktiv sind. Foto: Rudolpho Duba/pixelio.de - http://www.pixelio.de/media/750232

Die EU will mit neuen Maßnahmen beim Emissionshandel den Klimawandel bekämpfen. Eine Studie der Universität Hamburg zeigt, dass diese Maßnahmen kontraproduktiv sind. Foto: Rudolpho Duba/pixelio.de - http://www.pixelio.de/media/750232

Studie der Universität Hamburg zeigt: Reform des EU-Emissionshandels verhindert klimafreundliche Investitionen

Das Parlament der Europäischen Union (EU) wollte im vergangenen Jahr eines der wichtigsten Instrumente im Kampf gegen den Klimawandel verschärfen und hat eine Reform des Treibhausgas-Emissionshandels (Emissions Trading System/ETS) beschlossen. Dass und warum diese Reform ihr Ziel verfehlt, haben Prof. Dr. Grischa Perino und Maximilian Willner vom Fachbereich Sozialökonomie der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg untersucht.

Mit höheren Preisen für Emissionsrechte soll die europäische Industrie zu mehr Klimaschutz angeregt werden. In einem aktuellen Beitrag der Fachzeitschrift „Journal of Environmental Economics and Management“ zeigen die Umweltökonomen der Universität Hamburg, dass die Reform zwar für einige Jahre zu geringfügig höheren Preisen führen, mittelfristig das Preisniveau jedoch deutlich senken wird.

CO2-Zertifikate sind derzeit sehr billig

Das EU-ETS erfasst europaweit mehr als 10.000 Anlagen der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie sowie alle innereuropäischen Flüge. Die Betreiber der Anlagen müssen für jede ausgestoßene Tonne Kohlendioxid (CO2) ein Zertifikat kaufen. Nicht benötigte Zertifikate können verkauft oder für die Zukunft gespart werden. Derzeit gibt es, unter anderem wegen geringer Nachfrage aufgrund der Wirtschaftskrise, einen Überschuss an Zertifikaten. Emissionsrechte sind daher mit knapp 6 Euro pro Tonne CO2 aktuell sehr billig. Die Folge: Investitionen in klimafreundliche Technologien lohnen sich nicht.

Marktstabilitätsreserve soll Preisniveau für Emissionsrechte heben

Ein Ziel der ab 2019 wirksamen Reform des EU-ETS ist es, Anreize für emissionsreduzierende Innovationen zu geben. Hauptinstrument ist die Marktstabilitätsreserve (MSR): Überschreitet der Überschuss eine bestimmte Menge, werden Zertifikate vom Markt genommen, was zu steigenden Preisen führen soll. Insgesamt ändert sich die Menge der ausgegebenen Emissionsrechte nicht, da in Zeiten geringer Überschüsse die Rechte wieder auf den Markt zurückgebracht werden.

Studie zeigt: Reform bewirkt mittelfristig eher niedrigere Preise

In ihrer Studie zeigen die Hamburger Umweltökonomen durch Modellrechnungen, dass die MSR zwar für einige Jahre zu geringfügig höheren Preisen führt, das Preisniveau mittelfristig jedoch deutlich niedriger sein wird. Kurzfristig erhöht die MSR durch den Entzug von Zertifikaten die Knappheit auf dem Markt, wodurch der Preis erst einmal steigt. Wenn die einbehaltenen Emissionsrechte aber wieder zur Verfügung gestellt werden, dann ist die Knappheit geringer als ohne MSR und der Preis damit niedriger. „Klimafreundliche Investitionen mit langen Planungs- und Amortisationszeiten werden damit weniger attraktiv“, so Prof. Perino. Die Studie ergab zudem: Besteht noch ein Überschuss im EU-ETS, wird die MSR Preisreaktionen auf dem Markt für Emissionsrechte sogar verstärken. Da Emissionsrechte kurzfristig knapper werden, wirken sich Änderungen in der Nachfrage stärker auf die Preise aus. Das erhöht die Planungsunsicherheit für die beteiligten Unternehmen und macht Investitionen riskanter. Mehr Synergien mit anderen klimapolitischen Maßnahmen seien ebenfalls nicht erkennbar, so Prof. Perino: „Da die Gesamtmenge an Emissionsrechten langfristig unverändert bleibt, ist weiterhin fraglich, inwieweit die Energiewende tatsächlich die Treibhausgasemissionen in der EU reduziert“.

Link zum Originalartikel: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0095069616302935

PM/Red.
 
 
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