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Juli 2015, Nr. 76

INTERVIEW



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Antonia Karamatskou
Universität Hamburg und DESY Center for Free-Electron Laser Science

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e. Antonia.Karamatskou"AT"cfel.de

Antonia Karamatskou gehörte zu den rund 650 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Lindauer Konferenz. Foto: Maria So­le­dad Gri­ge­ra

Antonia Karamatskou gehörte zu den rund 650 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Lindauer Konferenz. Foto: Maria So­le­dad Gri­ge­ra

„Gute Ideen entstehen, indem man nicht dem Mainstream folgt“ - Interview mit Antonia Karamatskou, Teilnehmerin der Nobelpreisträgertagung in Lindau

Antonia Karamatskou, Doktorandin an der Universität Hamburg, hat spannende Tage hinter sich: Die junge Physikerin nahm vom 28. Juni bis 3. Juli an der Nobelpreisträgertagung in Lindau am Bodensee teil. Kaum zurück, erzählt sie im Interview, welcher Nobelpreisträger sie am meisten beeindruckte und was sie in Lindau für ihre wissenschaftliche Karriere gelernt hat.

Frau Karamatskou, Sie sind gerade zurück von der Nobelpreisträgertagung in Lindau am Bodensee. Zusammen mit rund 650 anderen Nachwuchswissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen konnten Sie sich dort mit zahlreichen Nobelpreisträgern und -preisträgerinnen austauschen. Wer hat Sie am meisten beeindruckt?

Viele Gäste der Tagung waren inspirierend. Aber besonders beeindruckt hat mich Chemie-Nobelpreisträger Sir Harold Kroto.

Warum?

Er ist über sein ausgezeichnetes wissenschaftliches Werk hinaus gesellschaftlich engagiert, versucht Kinder in Schulen und bei Workshops für Wissenschaft zu begeistern, betätigt sich künstlerisch und vertritt seine Meinung über Politik, Moral, Ethik und Erziehung öffentlich, wo immer er kann. Auch ist er der Meinung, dass es in der Wissenschaft nicht nur um persönlichen Spaß geht, sondern um Errungenschaften und die Freude des Erfolgs. Außerdem war die Rede des Friedensnobelpreisträgers Kailash Satyarthi sehr bewegend. Es gibt Millionen Kinder, die trotz ihres Grundrechts auf Bildung als Sklaven, Kindersoldaten oder Kinderarbeiter ausgebeutet werden und ihre Kindheit verpassen. Satyarthi appellierte an die wissenschaftliche Gemeinschaft, ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft nicht zu vergessen und dazu beizutragen, Bildung und Erziehung für die Kinder dieser Welt sicherzustellen. In diesem Zusammenhang erinnerte auch Sir Harold Kroto an den berühmten Ausspruch: „Remember your humanity, and forget the rest“.

Wie liefen die Tage bei der Nobelpreisträgertagung ab?

Das Programm begann morgens um 9 Uhr mit Vorträgen von Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträgern bis zum Mittagessen, teilweise in parallelen Sessions. Jeder konnte sich darüber hinaus für ein wissenschaftliches Frühstück um 7 Uhr eintragen, wo eine bestimmte Fragestellung im Mittelpunkt stand. Ich habe zum Beispiel teilgenommen an der Diskussion, welche Richtung die Wissenschaft in der Zukunft einschlagen soll. Nachmittags gab es Gespräche mit diversen Nobelpreisträgerinnen und -preisträgern, wo jeder Fragen stellen und mitreden konnte. Diese Treffen mit dem direkten Austausch waren besonders interessant und inspirierend für mich. Auch Paneldiskussionen, zum Beispiel über die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, und eine Lesung des Literaturnobelpreisträgers Wole Soyinka standen auf dem Programm. Abends gab es akademische Abendessen oder internationale Treffen, einen französischen und einen bayerischen Abend. Am letzten Tag machten wir einen Ausflug zur Insel Mainau.

Hatten Sie Gelegenheit, mit den Nobelpreisträgerinnen und -preisträgern und anderen jungen Forschenden abseits des vollgepackten offiziellen Programms ins Gespräch zu kommen?

Ja, zum Beispiel in der Kaffeepause, während des Spaziergangs von einem Tagungsort zum anderen, bei den Abendessen oder bei einem Eis. Ich habe eine Woche lang viele interessante Menschen getroffen und bei jeder Gelegenheit über wissenschaftliche und gesellschaftliche Themen diskutiert.

Wie kam es zu Ihrer Teilnahme an der Konferenz? Die Plätze sind sicher sehr begehrt…

Ich wurde von meinem Dissertationsbetreuer Prof. Robin Santra vorgeschlagen, der Vorstand der Universität hat mich dann aus mehreren Vorgeschlagenen ausgewählt und schließlich habe ich wohl mit meiner Bewerbung und meinem Profil in der Lindau Datenbank die Organisatorinnen und Organisatoren und das Komitee der Konferenz überzeugt.

Sie forschen am Institut für Theoretische Physik der Universität Hamburg auf dem Gebiet der Wechselwirkung von Atomen mit intensivem Licht. Konnten Sie sich auf der Tagung Anregungen für Ihre Dissertation holen?

Rein fachlich für mein spezielles Forschungsthema habe ich keine direkten Anregungen bekommen, aber nichtsdestotrotz haben die Nobelpreisträgerinnen und -preisträger und auch andere Gäste auf der Tagung viele Tipps und Anregungen allgemeiner Natur ausgesprochen, darüber, wie man forscht und wovon man sich leiten lassen sollte. Man sollte danach streben der Beste im Feld zu werden und sich nicht mit mittelmäßigen Ergebnissen begnügen. Die Schwierigkeiten oder Misserfolge, die man im Forschungsleben manchmal erfährt, sollten einen noch mehr anspornen und nicht entmutigen.

Was nehmen Sie für Ihre wissenschaftliche Karriere darüber hinaus aus Lindau mit?

Ich nehme die Einsicht mit, dass gute Ideen auf viele verschiedene Arten und Weisen entstehen können, vor allem aber, indem man nicht dem Mainstream folgt. Man sollte leidenschaftlich forschen und auch ein wenig Sturheit an den Tag legen. Und wenn man von seiner Arbeit überzeugt ist, sollte man sich nicht von Widrigkeiten bremsen lassen. Darüber hinaus tragen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aller Fachrichtungen eine Verantwortung, der Gesellschaft mit ihrem Wissen zu nutzen und die Kommunikation über die Grenzen des eigenen Fachgebiets hinaus aufrechtzuerhalten.

Die Fragen stellte Lucas Riemer.
 
 
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