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März 2017, Nr. 94

FORSCHUNG



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Prof. Dr. Michel Clement
Schwerpunkt Marketing, Lehrstuhl für Marketing & Media

t. 040.42838-8708
e. michel.clement"AT"uni-hamburg.de

Prof. Michel Clement und Petra Schulz haben Preismodelle von Digitalen Kiosk-Apps untersucht. Foto: UHH/Wohlfahrt

Prof. Michel Clement und Petra Schulz haben Preismodelle von Digitalen Kiosk-Apps untersucht. Foto: UHH/Wohlfahrt

„Digitalkioske kannibalisieren Verlagsangebote“: Neue Studie untersucht Bezahlmodelle für Online-Artikel

Digitale Kiosk-Apps können für Abonnentenschwund bei kostenpflichtigen Verlagsangeboten im Netz sorgen. Das ist ein Ergebnis einer neuen Studie der Universitäten Hamburg und Groningen. Das Forschungsprojekt „Competing with Free: Flatrates in the Publishing Industry“ untersucht erstmals, wie Kundinnen und Kunden auf verschiedene Preismodelle reagieren.

„Die Befragung legt nahe, dass Verlage die eigenen Bezahlkundinnen und -kunden an die neuen verlagsübergreifenden Anbieter verlieren, die journalistische Inhalte verschiedener Zeitungen und Magazine bündeln und sie einzeln zum Verkauf anbieten“, sagt Projektleiter Prof. Dr. Michel Clement vom Institut für Marketing und Medien der Universität Hamburg. Der Marketing-Experte und sein Team fragten im 1.923 Online-Nachrichtenleserinnen und -leser, wie sich verschiedene Bezahlmodelle auf ihr Kaufverhalten journalistischer Inhalte auswirken. Mit Hilfe der erhobenen Daten wurde das Nachfrageverhalten simuliert. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung sind für Deutschland repräsentativ.

Leserinnen und Leser bewerten Digitalkioske positiv

Die Mehrzahl der im Sommer 2016 befragten Personen bewerten Online-Kioske Prof. Clement zufolge positiv. Viele der bereits zahlenden Leserinnen und Lesern würden ihre kostenpflichtige Bezugsquelle für journalistische Inhalte wechseln. „Apps wie ,Blendle‘ oder ,pocketstory‘ kannibalisieren so die traditionellen Bezahlangebote der Verlage, da die Verlage keine neuen Kundinnen und Kunden gewinnen“, sagt Clement. Die Digitalisierung verändert die Zeitungsbranche massiv, wie Projektmitarbeiterin Petra Schulz erklärt: „Die Verlage suchen nach nachhaltigen Angebots- und Bezahlmodellen für ihre Online-Inhalte. Entsprechend vertreiben sie ihren journalistischen Content zunehmend über eigene aber auch fremde Bezahlangebote.“

Die für Digital-Kiosk-Apps erfolgreichste Preisstrategie ist der Untersuchung zufolge das Flatrate-Angebot. „Allerdings sind die Konsumentinnen und Konsumenten sehr preissensibel“, so Prof. Clement. Er empfiehlt einen monatlichen Preis von höchstens zehn Euro. „Eine derartige Flatrate hat das Potenzial circa 7 Prozent des Marktes zu binden.“ Für Premiumfeatures wie Werbefreiheit, Personalisierungsmöglichkeiten und Offline-Nutzung würde die Zahlungsbereitschaft um circa zwei Euro pro Monat und die mögliche Nachfrage auf circa 9 Prozent im Umsatzoptimum steigen.

„Nutzerinnen und Nutzer sind Gratis-Inhalte im Netz gewöhnt“

Dies gelte jedoch nur für Leserinnen und Leser, die bereits für journalistische Inhalte im Internet zahlten, hebt Prof. Clement hervor. „Die Studie zeigt, dass es nicht gelingt, Leserinnen und Leser, die umsonst die werbefinanzierten Online-Angebote der Zeitungen nutzen, in Kundinnen und Kunden journalistischer Bezahlmodelle umzuwandeln.“ Dabei sei es unerheblich, welche Preisstrategie die App-Anbieter verfolgen: 99 Prozent des Umsatzes realisierten Leserinnen und Leser, die ohnehin schon für Online-Medien zahlten. Prof. Clement: „Nutzerinnen und Nutzer sind im Netz gewöhnt, Zeitungs- und Zeitschriftenartikel gratis zu lesen. Es gibt schlicht zu viele kostenlose Inhalte, um Nicht-Zahler in Zahler zu verwandeln.“

PM/Red.
 
 
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