Oktopus (wahrscheinlich der Art Pareledone). Der Oktopus scheint im untersuchten Seegebiet besonders weit verbreitet, er wurde immer wieder in den Schleppnetzen gefunden. Sie scheinen in der Antarktis eine rasche Artbildung und Ausbreitung erfahren zu haben, Foto: Pete Bucktrout
Kontakt:
Dr. Stefanie Kaiser
Universität Hamburg
Biozentrum Grindel und Zoologisches Museum
Martin-Luther-King Platz 3
20146 Hamburg
t. 040-42838-3676
e. stefanie.kaiser-at-uni-hamburg.de
Was antarktische Asseln verraten:
Meeresbiologin ist marinen Kleinstlebewesen auf der Spur
10 Tage lang hat Dr. Stefanie Kaiser auf dem Forschungsschiff RRS James Clark Ross im Südpolarmeer Proben entnommen und dabei einige interessante Funde gemacht: Unter anderem konnte das Team des British Antarctic Survey in Cambridge Bilder von etwa 10 cm großen antarktischen Rochen aufnehmen, die im Südpolarmeer so selten anzutreffen sind, dass sie für manche Wissenschaftler schon als ausgestorben galten. Eigentliches Forschungsobjekt der Meeresbiologin aber sind Isopoden, genauer: mikroskopische Asseln, die am Meeresboden des Südpolarmeers leben.
Asseln sind neben Krebstieren, Schnecken und Würmern typische Bewohner des Meeresbodens, und sie sind aussagekräftige Objekte, wenn es darum geht, die Artenvielfalt (Biodiversität) und Besiedelungsgeschichte der Antarktis zu untersuchen. Dr. Kaiser, die am Zoologischen Museum der Universität Hamburg arbeitet, ist Spezialistin für Biodiversität in aquatischen Ökosystemen.
Artenvielfalt im Südpolarmeer
Sie ist sich sicher, dass unter den entnommenen Proben einige neue Asselarten zu finden sind – doch das wird sie erst in einem Jahr nach Abschluss der Auswertung genau wissen. Bereits in der ersten Probe war ein erstaunlicher Reichtum an Tierstämmen zu entdecken: Allein in dieser ersten Probe wurden 16 Tierstämme identifiziert, wobei es weltweit nur 34 gibt.
Die Untersuchungen von Dr. Kaiser sind Teil einer größer angelegten Studie des British Antarctic Survey, des britischen Polarforschungsinstituts, die einerseits die Artenvielfalt in der Marguerite Bay (Bellingshausen See) an der Westantarktischen Halbinsel erkundet, andererseits die Nahrungsabhängigkeiten und Kopplungsprozesse zwischen Meeresboden und dem darüber liegenden Freiwasserbereich erforscht, von denen man annimmt, dass sie in der Tiefsee deutlich niedriger sind als im küstennahen Schelf.
Langfristig erhofft sich das 18-köpfige, international besetzte Team Aufschluss über die Auswirkungen klimatischer Veränderungen auf die Zusammensetzung der Meeresgemeinschaften und deren Lebensbedingungen.
Die meisten antarktischen Meeresbewohner können nur in einem kleinen Temperaturspektrum überleben (zwischen 2,5 und 8 Grad) und reagieren daher auf Temperaturschwankungen sehr stark. Gebiete der Westantarktischen Halbinsel (wie z.B. die Bellingshausen See) sind einige der wenigen im Südpolarmeer, wo bereits heute eine Erwärmung festzustellen ist, jedoch nur im Oberflächenwasser.
Einige Antarktische Organismen kommen von der Oberfläche bis zum tieferen (> 500 m) Meeresboden vor. Ziel der Britischen Expedition war es unter anderem, Zusammenhänge zwischen Leben in der oberen Wassersäule und dem am Meeresboden zu untersuchen und zu erforschen, welche Auswirkungen klimatische Veränderungen auf die Biodiversität der Küstenregionen im Südpolarmeer haben.
Jahr der biologischen Vielfalt
Von der Expedition liegen vor allem einmalige Aufnahmen der bislang unerforschten antarktischen Kleinstlebewesen vor, die einen exklusiven Einblick in die Biodiversitätsforschung geben. Die große Bedeutung der Forschung in diesem Bereich, wie sie auch an der Universität Hamburg mit ausgezeichneten WissenschaftlerInnen betrieben wird, liegt angesichts der vom Klimawandel bedrohten Umwelt auf der Hand. Sie wird noch zusätzlich dadurch unterstrichen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel vor wenigen Tagen im Namen der Vereinten Nationen das „Jahr der biologischen Vielfalt“ eingeläutet hat.
Red.