Bunker, Denkmal, Eventlocation – Gedenkort? Der ehemalige NS-Flakturm auf dem Heiligengeistfeld
Wann: Di, 25.04.2023, 18:15 Uhr bis 19:45 Uhr
Wo: Universität Hamburg, Edmund Siemers-Allee 1, 20146 Hamburg, Hörsaal J
Achtzig Jahre nach Errichtung des Flakbunkers auf dem Heiligengeistfeld in St. Pauli 1942/43 ist relativ wenig zu seiner Geschichte bekannt. Insbesondere die Frage, in welchem Umfang Zwangsarbeiter:innen beim Bau dieses Monuments der NS-Kriegsarchitektur mitwirken mussten, ist noch unbeantwortet. Aber auch die vielfältige Nachkriegsnutzung des Gefechtturms, der Wohnungen, Kinos, Firmen und Clubs beherbergt(e), wartet auf eine quellenkritische Darstellung.
Hinsichtlich seiner militärischen Bestimmung als Flakturm der deutschen Flugabwehr blieb das ursprünglich fünfgeschossige, 39 Meter hohe Bauwerk weitgehend wirkungslos. Während der alliierten Bombenangriffe im Sommer 1943 diente es dafür vielen tausenden Hamburger:innen als Zuflucht. Der nahezu unbeschädigt erhaltene Bunker hat sich dadurch tief in das Gedächtnis der Stadt eingeprägt und ist nach 1945 Teil ihrer Silhouette geworden. Für die einen ein "Schandfleck", für andere ein "Medienbunker", erklärte ihn der Senat 2003 zum Baudenkmal (der kleinere Leitturm wich 1974 dem heutigen Telekomgebäude). Dennoch ist das öffentliche Interesse bis heute eher gering: Weder gibt es vor Ort eine Info- oder Gedenktafel, noch findet in der Stadtgesellschaft ein Diskurs über den angemessenen Umgang mit dem Flakbunker statt.
Im Vortrag wird die Bau- und Nutzungsgeschichte dieses besonderen Erinnerungsraums erzählt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Aufstockung, "Begrünung" und kommerziellen "Umnutzung" als Hotel und Eventlocation wird gefragt: Welche Bedeutung hat der Flakbunker für die Hamburger:innen heute? Welche Rolle spielt der Denkmalschutz, wenn er bis zur Unkenntlichkeit überformt wird? Und: Eignet er sich als Mahnmal und Gedenkort für die Opfer des NS-Terrors?
Dr. Dirk Lau, Historiker / Gunhild Ohl-Hinz, Historikerin, St. Pauli-Archiv e.V.
Hauptgebäude, Edmund-Siemers-Allee 1, Hörsaal J
Öffentliche Vorlesung im Rahmen des Allgemeinen Vorlesungswesens
80 Jahre "Operation Gomorrha". Erinnerungs- und Gedenkkulturen in Hamburg im Wandel
Andocken 21: FKGHH in Kooperation mit dem Mahnmal St. Nikolai
80 Jahre nach der Zerstörung Hamburgs in der "Operation Gomorrha"von 1943 wird den Fragen nachgegangen, wie sich Erinnern und Gedenken an dieses katastrophale Ereignis in der Stadt geformt haben und auf welche Weise die gesellschaftlichen und politischen Transformationen der letzten acht Jahrzehnte darin ihren Ausdruck gefunden haben. Welche Brüche und Kontinuitäten der Stadtgesellschaft spiegeln sich im kollektiven Erinnern, welche Reaktionen und Reflektionen haben sie hervorgebracht, welche Landschaften des Gedenkens ausgebildet? Wer wurde ausgeschlossen? Last not least: In welcher Weise wirkt die Wahrnehmung des aktuellen Krieges in der Ukraine auf Erinnern und Gedenken der "Operation Gomorrha" ein?
Im Fokus stehen ausgesuchte Verarbeitungsweisen der Katastrophe in unterschiedlichen Darstellungsformen und -weisen, Quellen, Interviews, Orte in der Stadt, Ankerpunkte der kollektiven Erinnerung (Malte Thießen). Die Vielfalt der Perspektiven wird wie in einem Prisma gebündelt, und der Diversität der Akteur:innen Rechnung getragen: der unmittelbar Betroffenen und Überlebenden, Hamburger:innen zum einen, Opfer des Nationalsozialismus, darunter Zwangsarbeiter:innen, KZ-Häftlinge, Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma zum anderen.
Das Mahnmal St. Nikolai ist der Kooperationspartner des FKGHH in der Planung, Gestaltung und Durchführung der Reihe.
Koordination
Dr. Johanna Meyer-Lenz, Prof. Dr. Andreas Körber, Prof. Dr. Thorsten Logge, Dr. Markus Hedrich, Dr. Myriam Richter, alle Forschungsverbund zur Kulturgeschichte Hamburgs (FKGHH), Universität Hamburg / Dr. Nele Maya Fahnenbruck, Bastian Satthoff, Katja Hertz-Eichenrode, alle Förderkreis Mahnmal St. Nikolai e.V.