Mikroprozesse beobachten – Aufgabenbearbeitungen als komplexe Ko-Konstruktionen
Wann: Do, 15.06.2023, 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr
Wo: Universität Hamburg, Von-Melle-Park 8, 20146 Hamburg, Raum 05
Im Zentrum des Vortrages steht die Beobachtung und Dokumentation aufgabenbezogener Lernprozesse (vgl. de Boer/Merklinger/Last 2022). Der Forschungsperspektive liegt die Annahme zugrunde, dass die Aufgabenbearbeitung eine komplexe Ko-Konstruktion umfasst, die nicht nur durch das Aufgabenformat sowie die Materialität der Aufgabe, sondern auch durch die Schüler*innen-Interaktionen und das Lehrer*innenverhalten im Bearbeitungsprozess hergestellt wird (vgl. de Boer/Last 2022: 74). So gerät in den Blick, wie sich Schüler*innen in unterschiedlichen fachdidaktischen Kontexten Aufgaben aneignen, welche Konstruktions- und Ko-Konstruktionsprozesse sie vollziehen und wie sie zu ihren Lösungen gelangen. Durch die Rekonstruktion dieser aufgabenbezogenen Mikroprozesse zeigen sich Eigenlogiken in der Bearbeitung der Schüler*innen, die nicht immer der Intention der Lehrperson entsprechen, die aber aufschlussreich für fachdidaktische Überlegungen sind. Dies entfaltet der Vortrag am Beispiel einer Lernprozessbeobachtung von zwei Schüler*innen im sprachlichen Anfangsunterricht
Prof. Dr. Heike deBoer, Institut für Grundschulpädagogik, Universität Koblenz Landau / Sandra Last, Institut für deutsche Sprache und Literatur, PH Ludwigsburg
Öffentliche Vorlesung im Rahmen des Allgemeinen Vorlesungswesens
Beobachten im Deutschunterricht der Grundschule
Beobachten ist eine didaktische Aufgabe im Deutschunterricht: Da Lernen in Interaktionen stattfindet, ermöglicht ihre Beobachtung die Rekonstruktion von individuellen Lernprozessen und Lernerperspektiven auf Sprache und Schrift. Beobachtungen im Deutschunterricht helfen dadurch, eine Passung von Lehren und Lernen herzustellen – als wesentliches Qualitätsmerkmal guten Unterrichts (vgl. Weinert 1998). Was schon 1996 mit der Schulanfangsbeobachtung ausbuchstabiert wurde (Dehn 2020; Hüttis-Graff 1996), wird in der Vorlesungsreihe weitergedacht.
Beobachten ist aber auch eine Forschungsmethode: Anders als ergebnisbezogene Leistungsmessungen gelten qualitative Lern(prozess)- und Unterrichtsbeobachtungen z.B. der Rekonstruktion von erwartungswidrigen Lernprozessen, von Praktiken und Gelingensbedingungen im Deutschunterricht und somit der Lehrerprofessionalisierung. Solche Untersuchungen werden in der Vorlesungsreihe von Forschenden vorgestellt und mit Studierenden und Gästen diskutiert.
Literatur:
Dehn, Mechthild (mit Beiträgen von Petra Hüttis-Graff) 2020: Zeit für die Schrift. Berlin
Hüttis-Graff, Petra 1996: Beobachten als didaktische Aufgabe. In: Dehn, Mechthild/Hüttis-Graff, Petra/Kruse, Norbert (Hg.): Elementare Schriftkultur. Schwierige Lernentwicklung und Unterrichtskonzept. Weinheim, 31 – 39
Weinert, Franz E. 1998: Guter Unterricht ist ein Unterricht, in dem mehr gelernt als gelehrt wird. In: Freund, Josef/Gruber, Heinz/Weidinger, Walter (Hg.): Guter Unterricht – was ist das?: Aspekte von Unterrichtsqualität. Wien, S. 1–18.
Donnerstags 17 – 19 Uhr, Von-Melle-Park 8, Raum 05
Koordination
Prof. Dr. Petra Hüttis-Graff / Dr. Christoph Jantzen / Claudia Baark, alle Didaktik der deutschen Sprache und Literatur, Universität Hamburg