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April 2012, Nr. 37

FORSCHUNG

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Hat Appetit auf seinen Liebhaber: Wespenspinnenweibchen, das nach der Paarung den Partner zum Verzehr einspinnt. Foto: Dr. Stefan Nessler



Kontakt:

Prof. Dr. Jutta Schneider
Zoologisches Institut

t. 040.42838-3878
e. jutta.schneider-at-uni-hamburg.de

Wespenspinnen: Kannibalismus kommt dem Nachwuchs zugute

Einige männliche Spinnen erleiden nach der Paarung mit einer Artgenossin ein trauriges Schicksal: Sie werden von ihrer Partnerin verspeist. Welche Rolle spielt der Kannibalismus im Paarungsritual der Spinnen? Die Antwort haben Prof. Dr. Jutta Schneider und Klaas Welke vom Zoologischen Institut der Universität Hamburg herausgefunden.
Nicht alle Spinnenweibchen sind kannibalistisch veranlagt, doch die Weibchen der auch in Deutschland weit verbreiteten Wespenspinne (Argiope bruennichi) versuchen, direkt nach der Paarung ihre Partner zu töten, wickeln sie in Spinnfäden ein und fressen sie auf. Prof. Dr. Jutta Schneider und Doktorand Klaas Welke aus der Abteilung Verhaltensbiologie des Fachbereichs Biologie erforschten, warum die vergleichsweise winzigen Männchen für die bis zu 19 mm größeren Weibchen ein begehrter Leckerbissen sind. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in der Zeitschrift „Animal Behaviour“ veröffentlicht.

Kannibalismus nützt den Männchen …

Durch den Tod beim Liebesakt erhöht das Wespenspinnenmännchen seine Vaterschaft: Da weibliche Wespenspinnen meist Spermien verschiedener Männchen bis zur Befruchtung sammeln und ihre Nachkommen daher unterschiedliche Väter haben können, kann das Männchen durch seinen Tod die Anzahl seiner Kinder erhöhen: „Das Männchen wird nur dann nicht gefressen, wenn es die Kopulation möglichst kurz hält und sofort danach verschwindet, da die Weibchen unmittelbar nach dem Genitalkontakt sehr aggressiv werden. Dehnt es aber den Akt zeitlich aus, kann es mehr Samenzellen im Weibchen ablegen – auch wenn es dadurch den Zeitpunkt verpasst, an dem ein Rückzug und damit das Überleben nicht mehr möglich ist“, so Jutta Schneider.

Bislang unbekannt war, dass der Tod der Männchen durch die posthume Weitergabe von wertvollen Substanzen dem Nachwuchs zugutekommt, wie Schneider und Welke bei einem Experiment verfolgen konnten.

… und den Nachkommen

Die Spinnenforscher teilten Wespenspinnenweibchen in zwei Gruppen auf: In der ersten Gruppe hatten die Weibchen nur einen Partner. Die Hälfte dieser Weibchen durfte ihren Liebhaber fressen, die andere nicht. Die zweite Gruppe kopulierte mit zwei oder drei Partnern. Auch hier durfte nur die Hälfte der Weibchen ihren Partner verspeisen.

Jutta Schneider und Klaas Welke konnten nun beobachten, dass es den Spinnen, deren Vater von der Mutter gefressen worden war, deutlich besser ging – dies war sowohl bei den Spinnen, deren monogame Mütter den Vater gefressen hatten, der Fall, als auch bei den Kindern polygamer Mütter.

Tierische Überlebensration

Offensichtlich konnten die Nachkommen von den Kräften ihres verspeisten Vaters zehren. Obwohl der Verzehr von Männchen keinen messbaren Gewichtszuwachs der Mütter nach sich zog, waren die Eier der Kannibalen schwerer als die Eier der Weibchen, die kein Männchen fressen durften. Die Spinnenforscher vermuten, dass die Männchen wertvolle Aminosäuren enthalten, die die Dotterversorgung der Jungspinnen positiv beeinflussen. Weiterführende Experimente in Kombination mit biochemischen Untersuchungen sollen diese Fragen beantworten.


Originalartikel: Welke K. & J.M. Schneider 2012. Sexual cannibalism benefits offspring survival. Animal Behaviour 83: 201-207, doi:10.1016/j.anbehav.2011.10.027
C. Knust
 

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